Ausgeleiert – von wegen

Mathias Maurer

Andreas Lehmann studierte Waldorfpädagogik in Witten-Annen in den Fächern Sport, Mathematik und Astronomie, entdeckte dann die Bergbauernwirtschaft und die Schauspieltherapie auf dem Birkenhof im Südschwarzwald, einer Einrichtung für psychisch kranke Menschen, bevor er als Sportlehrer an die Waldorfschule in Freiburg-St. Georgen ging. Nebenher machte er eine mehrjährige Obstbau-Ausbildung in einem Demeter-Betrieb.

Lehmann griff dann einen Faden auf, den er schon zum Abschluss seiner Wittener Studienzeit anlegte: den Leierbau. Damals stellte er eine offene Leier her, deren Klang einen Priester der Christengemeinschaft, Lothar Reubke in Berlin, derart beeindruckte, dass er ihn an den Waldorfmusiker Julius Knierim empfahl. Dieser forderte ihn auf: »Bauen Sie solche Leiern!«. Was den besonderen Klang seines Erstlingswerkes ausmachte, wusste Lehmann damals noch nicht und begann zu forschen.

Bis heute fertigte er in eigener Werkstatt am Bodensee nahezu zweitausend Leiern, perfektioniert ihren Klang und vertreibt sie in alle Welt. Das Besondere an diesen TAO-Leiern ist ihre offene Bauweise aus einem Holz, das zu bestimmten astronomischen Konstellationen geschlagen wird. Nebenbei bildete sich das Multitalent in Kinesiologie, Gesang, Schauspiel und Baumpflege aus und spielte als Schlagzeuger in einer Band. Und weil er gerne und intensiv tanzte, wurde er 33. in der Weltrangliste für Standard-Turnier-Tanz und gab bundesweit Tanzkurze. Und weil das immer noch nicht reichte, machte er eine Ausbildung zum Zauberkünstler, eine Tätigkeit, die er sogar ein Jahr lang hauptberuflich ausübte.

Seinem Waldorflehrerabschluss setzte er ein Montessori-Diplom auf, gründete die Freie Schule Deggenhausertal, die jedoch nach vier Jahren wegen Kindermangel wieder geschlossen werden musste. »Die Konkurrenz aus Salem war zu groß«, meint Lehmann.

Mensch und Erde in Resonanz bringen

Mit dem Leierbau begann eine intensive Kurstätigkeit im In- und Ausland, die besonders in Japan eine regelrechte Bewegung in Gang setzte. Die »heilenden Klänge« sind dort weit über anthroposophische Kreise hinaus so beliebt, dass inzwischen die TAO-Lyras in Kyoto, Fukuoka, Nagano, Fujino und auf Hokkaido hergestellt werden. Innerhalb von drei Jahren sind über zweihundert Instrumente gebaut worden.

Nach Lehmann fängt der Instrumentenbau schon mit den Bäumen, den »Säulen unserer Landschaft« an. Sein astronomisches Wissen führte ihn zu der Erfahrung, dass Holz, das zeitpunktgeschlägert ist, in der Hälfte der Zeit trocknet, stabiler und spannkräftiger ist und besser klingt. Er begann, ausgesuchte Klangbäume zu kultivieren, indem er ein in Zementklötzchen gegossenes, doppelt veraschtes Präparat aus den Spänen, die bei der Herstellung der Leiern anfielen, mit Mineralien anreicherte und in das Wurzelwerk einbrachte. Diese Gabe aktiviert, das bestätigen die Forschungen von Stephan Schmidt, nicht nur den Flüssigkeitsstrom der Bäume, sondern auch Quellen und Gewässer, und puffert Elektrosmog ab. Gleichzeitig gibt Lehmann Kurse in Baumpflege, »um über die Bäume die Erde zu heilen«.

Die TAO-Leier kommt in vielen musiktherapeutischen Anwendungen zum Einsatz, besonders in Schulen, heilpädagogischen Einrichtungen und Kliniken. Die Klangkraft der auf den Körper aufgelegten Leiern ist enorm, der ganze Körper schwingt mit. In der Ita-Wegman-Klinik in Arlesheim/Schweiz wurde nachgewiesen, dass die Zellschwingung sich erhöht, der Zellstoffwechsel zunimmt, die Entgiftung beschleunigt, das Immunsystem gestärkt wird, die Herzfrequenz sinkt und eine Tiefenentspannung eintritt. Der Anteil der Alphawellen im Gehirn nimmt ähnlich wie in einer Meditation zu.

Andreas Lehmann sieht seine Arbeit als Gesamtkunstwerk. Er will Mensch und Erde wieder in eine gemeinsame Resonanz bringen. Wer seine Hände auf den schwingenden Korpus einer TAO-Leier legt, kann den gesundenden »Flow« unmittelbar spüren. Dagegen klängen, so Lehmann schmunzelnd, herkömmliche Leiern wie »Schoßcembalos«.

Kontakt: marius-leierbau@gmx.de