Konflikte austragen. Die Schlichtungsstelle des Bundes der Freien Waldorfschulen

Martin Malcherek

Die Schlichtungsstelle ist aus der allgemeinen Bundesverwaltung ausgegliedert und ist unabhängig von Weisungen des Vorstands und der Geschäftsführung. Sie ist mit Dalia Vido-Weber besetzt und in der Geschäftsstelle des Bundes untergebracht, aber arbeitet von dieser organisatorisch getrennt. Weiterhin gibt es den Vorsitzenden der Schlichtungsstelle, den Rechtsanwalt Nikolai Keller aus Stuttgart, und eine Schlichtungskommission, die an Entscheidungen beteiligt ist. Sie ist paritätisch mit Eltern und Lehrern besetzt. 

Wie arbeitet die Schlichtungsstelle des Bundes?

Der Bundesvorstand hat eine Schlichtungsordnung beschlossen, nach der die Schlichtungsstelle arbeitet. Dieser haben die Bundeskonferenz und die Mitgliederversammlung des Bundes zugestimmt. Für den Erfolg der Schlichtungsstelle kommt viel darauf an, dass die Unabhängigkeit ihrer Mitarbeiter ebenso gewahrt bleibt, wie die Vertraulichkeit der mitgeteilten Informationen. Die Mitarbeiter sind deshalb gegenüber dem Vorstand und der Geschäftsführung des Bundes zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Schlichtungsakten werden gesondert von denen der allgemeinen Bundesverwaltung geführt und aufbewahrt.

Wie verläuft ein Schlichtungsverfahren?

Das Schlichtungsverfahren beginnt mit dem Antrag einer Partei – meistens Einzelner, aber auch von Gruppen Konfliktbeteiligter an den Mitgliedseinrichtungen. Es kann nur betrieben werden, wenn auch die andere Partei zustimmt. Im ersten Schritt (Vorverfahren) wird der Sachverhalt ermittelt, der dem Konflikt zu Grunde liegt.

Der Versuch einer Verschriftlichung des Konfliktes führt in vielen Fällen dazu, dass die Beteiligten den Konflikt beilegen können. Andernfalls können sie in das Hauptverfahren einsteigen. Dabei wird ein Beauftragter der Schlichtungsstelle benannt, der ein Gespräch mit den Beteiligten führt. In der Praxis zeigt sich, dass auf dieser Stufe zahlreiche Konflikte durch Verabredungen zwischen den Parteien beigelegt werden können.

Kommt es nicht zur Beilegung, bereitet der Vorsitzende einen Schlichtungsvorschlag vor, der mit den Mitgliedern des Schlichtungsausschusses beraten wird. Aufgrund der paritätischen Besetzung ist gewährleistet, dass der Konflikt aus der Eltern- wie der Lehrerperspektive wahrgenommen wird.

In welchen Fällen wird die Schlichtungsstelle angerufen?

Die weitaus meisten Fälle sind Konflikte zwischen Elternhäusern und Schulgremien. Streitpunkt ist hier in der Regel die Auslegung des Schulvertrages, das heißt die wechselseitigen Rechte und Pflichten. Eine zweite große Gruppe sind die Konflikte zwischen Schulgremien. Dass es hier zu Konflikten kommt, liegt in der Natur der Selbstverwaltung der Schulen. Es gibt keine vorgegebenen Organisationsmodelle, so dass Regelungen über die Zuständigkeiten und Verfahren der Gremien immer wieder ad hoc gefunden oder auf Grund der Änderung der Lebensverhältnisse neu definiert werden müssen. Streitigkeiten zwischen Bundesorganen spielen demgegenüber kaum eine Rolle.

Ist die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens teuer?

Allein die Anzahl der eingehenden Anträge zeigt, dass die Einrichtung der Schlichtungsstelle eine Lücke füllt. Viele der Fälle können niedrigschwellig beigelegt werden. Nur in Ausnahmefällen muss sich der Vorsitzende oder die Schlichtungskommission damit befassen.

Daher fallen meist keine hohen Kosten an. Bevor externe Fachleute hinzugezogen werden, die zusätzlich Geld kosten, werden die Beteiligten um Zustimmung gebeten. Auch wenn sich Kosten nicht vermeiden lassen, ist es in vielen Fällen günstiger, einen Konflikt schnell und mit professioneller Hilfe anzugehen, als abzuwarten.

Was bringt eine Schlichtungsstelle?

Die Schlichtungsstelle ist in erster Linie ein Serviceangebot an die Schulen. Einige Erfolge zeigen, dass die Schlichtungsstelle helfen kann, Konflikte in einem frühen Stadium zu erkennen und so gravierendere Auseinandersetzungen zu verhindern. Wenn es bereits zu tiefergehenden Zerwürfnissen gekommen war, konnte die Schlichtungsstelle in einigen Fällen dabei helfen, einen gemeinsamen Weg zu weisen.

Die Arbeit der Schlichtungsstelle hat gezeigt, dass die Qualität unserer Arbeit wesentlich verbessert werden kann, wenn mit den Konflikten im Bund und den Mitgliedseinrichtungen sachgerecht umgegangen wird.

Zum Autor: Martin Malcherek ist beim Bund der Freien Waldorfschulen als Rechtsanwalt tätig.