Das Tierschutzgesetz und die Seele der Kuh

Ute Hallaschka

Die anderthalbstündige Dokumentation ist ein kleines Wunderwerk. Alle Beteiligten werden mit der Kamera so zurückhaltend begleitet, dass wir ihre unmittelbare Anwesenheit spüren. Alles spricht für sich selbst, mit einem unglaublichen Mut zur Wahrhaftigkeit. Der Bauer Niels Stokholm und seine Frau Rita halten die beinah ausgestorbene, uralte Rasse des roten dänischen Milchrinds. Was sie in biologisch-dynamischer Wirtschaftsweise produzieren, ist von solcher Qualität, dass sie sogar das Kopenhagener Nobelrestaurant Noma beliefern. Dieses wurde mehrfach als bestes Restaurant der Welt ausgezeichnet. Doch diese Qualität hat ihren Preis. Er besteht nicht nur im schweren Tagwerk und im finanziellen Überlebenskampf, sondern vor allem in der Aufrichtigkeit des Herzens. Der Hof gehört einer Stiftung, die sich nicht länger trägt. Bauer Niels strebt weder Privateigentum noch Profit an – wer ihn zahnlos lächeln sieht, zweifelt nicht einen Augenblick an der Güte dieses Menschen. Ihm gelingt es, in wenigen Sätzen, immer im handfesten praktischen Zusammenhang, die komplette Anthroposophie zu vermitteln. Ohne ein einziges Wort darüber, oder gar Zitate zu verwenden. Welch ein Künstler! Er spricht von Regenwürmern und Sternen, vom Duft des Heus und vom Geist der Herde und der Seele der Kuh, während er sie striegelt und zärtlich mit ihr schmust. Was er sagt ist weisheitsvoll, aber wie er es sagt, treibt einem die Tränen in die Augen. Diese Liebe zum Lebendigen lässt ihn einen regelrechten Geisteskampf durchstehen. Es kommt zu der absurden Situation, dass er angeklagt wird, gegen das Tierschutzgesetz zu verstoßen. Verantwortlich dafür sind EU-Normen, die das Anbinden im Stall verbieten und Tränkapparate vorschreiben. Bauer Niels bleibt treu in seiner Haltung zum Tierwohl – lieber lässt er sich verurteilen. Nach der gerichtlichen Auseinandersetzung zieht ein Sturm auf und fegt das Wellblechdach der Scheune davon. Am Ende zeigt sich: Die Liebe ist stärker als alles! Niels ist es gelungen, in aller Freiheit einen neuen menschlichen Zusammenhang zu stiften. Das Dach wird repariert, der Hof kann weiter existieren. Der Zuschauer der aus dem Kino kommt, auch. Man glaubt wieder an das Gute – wie ein Kind.

Viel Gutes erwartet uns, Dokumentarfilm 100 Min., FSK: ohne Altersbeschränkung, Dänemark 2014