Naturwissenschaft und Spiritualität im Dialog

Hansjörg Hofrichter

Der Film »Das kreative Universum« befragt einige der interessantesten Querdenker im Bereich der Naturwissenschaft, ob und wie ein Brückenbau zu spirituellen Fragen möglich ist. Darunter befinden sich auch anthroposophische Physiker und Biologen wie Arthur Zajonc, Wolfgang Schad, Bernd Rosslenbroich, Wolfram Schwenk und Johannes Wirz.

Was ist Leben, was Materie, welche Kräfte haben zu der unglaublichen Formenvielfalt in der Natur geführt, woher kommt der Überschuss an Spiel, Schönheit und Freiheit in einer sich immer mehr ausdifferenzierenden Evolution? Dazu haben auch anthroposophische Naturforscher einiges zu sagen. So erforscht etwa das von Theodor Schwenk gegründete Institut für Strömungswissenschaft in Herrischried die geheimnisvolle Tatsache, dass das Wasser – aus dem einst alles Leben hervorging – in seinen Bewegungsabläufen schon eher organischen als mineralischen Bildungen verwandt ist. Bestimmte Formen strömenden Wassers können bereits wie ein Querschnitt durch einen Embryo aussehen oder Spiralformen annehmen, die sich in vielen Organismen wiederfinden. Wasserforschung als eine Pforte zu geistigen Urgesten alles Lebendigen? Inspiriert von seinem Lehrer Wolfgang Schad, hat der anthroposophische Biologe Bernd Rosslenbroich herausgefunden, dass von der ersten Zelle an bereits ein sich mehr und mehr entwickelnder Autonomiezuwachs in der Evolution zu verzeichnen ist, die »Spur des Menschen« also schon angelegt ist. Gibt es noch andere Kräfte in der Evolution als Zufall und Selektion? Anhand früher Höhlenzeichnungen führt der Biologe Johannes Wirz aus, dass die Entstehung von Kunst und Religion bereits in der  Altsteinzeit einen »Quantensprung des Bewusstseins« darstellt, der möglicherweise zu mehr dient als bloßem Überleben, nämlich dazu, »Geist in die Sichtbarkeit zu bringen«. Spiegelt die Kreativität der ersten Kunst die Kreativität eines kosmischen Geistes, den bereits der frühe Mensch intuitiv erfasst hat?

Anthroposophische Forscher werden in einen Dialog mit anderen – spirituell offenen – Naturwissenschaftlern gebracht, und es ergibt sich ein anregendes Zusammenwirken bei der Frage nach etwas »Geistigem« oder »Göttlichem« in Kosmos, Natur und Evolution. Vielleicht kann so der Film »Das kreative Universum« auch einen Beitrag zum Steiner-Jubiläumsjahr leisten, indem er seine Inspirationen für die Naturwissenschaft würdigt. Der Film läuft seit Dezember in ausgewählten Kinos und ist als DVD mit ausführlichem Reader erschienen. Das Projekt wurde von der Pädagogischen Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen durchgeführt und von sechs Stiftungen finanziert. Das Ergebnis ist eine Dokumentation, die den Betrachter, nicht nur in den Oberstufen der Waldorfschulen, an die Frage nach den Paradigmen in den Naturwissenschaften heranführt und mit aktuellen, noch nie gezeigten Bildern die Komplexität unseres Kosmos zeigt. 

Das kreative Universum. Ein Film von Rüdiger Sünner. 83 Min., auf DVD erhältlich bei www.waldorfbuch.de, EUR 14,90.