Allianz für einen neuen Kammerton

Magnus Schlichtig

Die genaue Schwingungszahl der Tonhöhen wurde in früheren Zeiten vermutlich meist intuitiv erfasst. Philosophen und Sternenkundige wie Platon leiteten exakte Tonhöhen aus den Proportionen der Sternen-Rhythmen her. In der Zeit von 1600 bis 1885 waren viele Kammertonhöhen in Gebrauch, wobei die meisten sich auf der Höhe von 432 Hz bewegten. Aufgrund des immer internationaler werdenden Musiklebens entstand der Wunsch nach einer einheitlichen Kammertonhöhe.

So wurde im Jahre 1885 durch eine Jury, der auch Brahms und Verdi angehörten, die Schwingung auf 435 Hz festgelegt. Dabei blieb es aber nicht: 1939 wurde die Kammertonhöhe dann noch einmal auf 440 erhöht.

Die erneute Festlegung soll auf Wunsch von Musikern geschehen sein, aber schon fünf Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg erhob sich der erste Protest von Musikern gegen die Kammertonhöhe 440 Hz in Frankreich in Form einer Eingabe bei der Académie des Sciences Paris, begleitet von einer Liste mit 32.000 Unterschriften.

Günter Haffelder vom Institut für Kommunikation und Gehirnforschung in Stuttgart lässt am Kammerton 440 Hz kein gutes Haar. Er fördere Nervosität und Aggression; er wirke negativ auf das Zusammenspiel der Gehirnhälften, während 432 Hz diese gesund und harmonisch koordinierten und dadurch auch die Lernfähigkeit drastisch verbesserten. »Es gibt aufgrund des überspannten (zu hohen) Kammertones 440 Hz keinen größeren Stressberuf als den des Musikers!«, behauptet Haffelder. Seine Position stützen einige Indizien: Da das Ohr auf das C der Zweier-Potenz gestimmt ist, muss das Gehirn andere Tonhöhen fortwährend umwandeln, was Stress erzeugt.

Das Corpus Callosum, das die Brücke zwischen den beiden Gehirnhälften bildet, schwingt bei harmonischer Übereinstimmung der Gehirnhälften auf einem tiefen A unter der Hörbarkeit, bei 3,375 Hz. 3,375 steht in reinem Oktavverhältnis zu 432 Hz! Denn 3,375  sieben mal verdoppelt ergibt 432. Das heißt, durch Verdoppelung der Hertzzahl entsteht immer die nächst höhere Oktav. Haffelder erzielte durch Musiktherapie mit 432 Hz große Erfolge bei Lernschwäche. Für die Kammertonhöhe 432 Hz setzten sich Persönlichkeiten wie Verdi, Paul Hindemith, Luciano Pavarotti, Peter Schreier, Wilhelm Furtwängler oder Dietrich Fischer-Dieskau ein. Seit der Kammerton-Änderung im Jahr 1939 gibt es immer wieder Tagungen und Unterschriftensammlungen für den Kammerton 432 Hz.

Wegen praktischer Probleme wie zu hoch gestimmter Orgeln und hoch genormter Blasinstrumente, die die Korrektur der Kammertonhöhe erschweren, ist Zusammenarbeit Gleichgesinnter notwendig. Allein durch die unermüdliche Aufklärungsarbeit von Dietrich Marx haben über 70.000 Einzelpersonen 432 Hz-Stimmgabeln und einige hundert Waldorfschulen weltweit Flöten für die Anfangsklassen in 432 Hz erworben.

Weitere Wirkung kann erzielt werden, wenn Kammermusikkreise und Orchester, Schulen und Musikschulen sowie Akademien die Reform der Kammertonhöhe gemeinsam planen, auch was die Finanzierungen der nötigen Um- und Neubauten betrifft.

Der nächste Waldorfkongress 432 Hz findet am 16. April 2016 in Dortmund im Thomashaus statt.

Zum Autor: Magnus Schlichtig ist Musiker und Mit-Initiator verschiedener Kammerton-Tagungen. Autor des Buches »Uraspekte des Geigens«. Für Fragen und weitere Infos steht die Musikvereinigung Orpheus e. V. zur Verfügung, E-Mail: magnusromantik@online.de