Fußball ist was für Materialisten

Michael Birnthaler

Sehr geehrter Herr Ranz,

wenn ich Sie richtig verstanden habe, hätten Sie sich eine ausführliche menschenkundliche, pädagogische und sportwissenschaftliche Darstellung der gesamten Fußballthematik gewünscht.

Zu ihren Fragen liegen – wie in dem Literaturverzeichnis angegeben – bereits einige Beiträge in der Zeitschrift »Erziehungskunst« vor. Beispielsweise bin ich da auch ihrem Hinweis, dass das Fußballspiel seine historischen Wurzeln in einem »Totenkopfspiel« habe, auf den Grund gegangen. Ebenso hatte ich mit originalen Quellenangaben nachgewiesen, dass das Verbot des Fußballspielens an Waldorfschulen auf einem bedauerlichen Gerücht beruht. Zwar konnte ich als Sportlehrer an verschiedenen Waldorfschulen erleben, dass Fußballspielen dort bis heute noch verboten oder verpönt ist. Und genau wie Sie konnte ich beobachten, dass dies bei den Schülerinnen und Schülern zu der Einstellung führt, dass Waldorfschulen weltfremd seien. Aber Steiner selbst hat nie ein Fußballverbot ausgesprochen, sondern für Toleranz geworben, um gerade nicht in den Verdacht des Dogmatismus und der Weltfremdheit zu geraten.

Andererseits hat Steiner massiv vor den schädlichen Folgen des Fußballspiels gewarnt:

»Ja, es gibt heute Sportsleute, die gehen unter Umständen … rasch einmal morgens in die Kirche, da beten sie. … Dann gehen sie auf den Sportplatz. Ja, da sprechen sie es nicht mit Worten aus, aber was sie da tun, wenn man es in Worte fasst, so heißt das: Ich glaube ja nicht an einen Gott im Himmel. Der hat mir den Ätherleib gegeben, aber von dem will ich nichts wissen. Ich glaube an Fleisch und Knochen, das ist meine einzige Seligkeit. – Sehen Sie, das ist natürlich die notwendige, unbewusste Folge desjenigen, was heute getrieben wird. Nicht bloß dadurch, dass man sagt, man will nichts wissen vom Geistigen, ist man Materialist, sondern durch solche Sachen, durch die man den ganzen Menschen losreißt vom Geistigen.«

An anderer Stelle polterte er gegen den Fußball, wie sonst selten: »Es ist um aus der Haut zu fahren, wenn man all die modernen Sportgeschichten wie zum Beispiel Fußball und so weiter sieht, wie sie den Menschen mechanisieren und ihm nichts von dem einfügen, was in ihm geistig ist, so sehr man sich das auch einbildet. Alles, was man da anstrebt, ist ja ein Hohn auf das Geistige, so gut es auch gemeint ist.«

Sie haben angezweifelt, dass Fußballspielen tatsächlich so sehr die Gewaltbereitschaft fördert, wie ich behauptet habe. Die Fakten sprechen jedoch ihre eigene Sprache. Jeder dritte Bereitschaftspolizist in Deutschland wird nur noch für den Fußball eingesetzt! Kaum auszudenken, was passieren würde, wenn das Drittel deutscher Polizei plötzlich nicht mehr den gewalttätigen Fußballmob in Schach halten würde! Soziologen sind sich sicher, dass dann der Ruhrpott schnell brennen würde wie eine Fackel und es in den großen Fußballstädten bürgerkriegsähnliche Zustände geben würde. Es ist »um aus der Haut zu fahren«, wenn man realisiert, wer das gewaltige Polizeiaufgebot beim Fußball zu bezahlen hat: – Richtig, der Steuerzahler. Nicht auszumalen, was mit diesen Milliardensummen im Schulwesen alles bewirkt werden könnte.

Wer für die Fußballweltmeisterschaft in der Fußballrepublik Brasilien gewappnet sein will, kann sich hier näher informieren: www.11-feinde.de eine entstehende Plattform für fußballkritische Zeitgenossen.

Literatur:

M. Birnthaler: »Eigentore in Sache Fußball«, »Erziehungskunst« 3/1997, »Der Streit um den Fußball«, »Erziehungskunst« 6/1996; R. Steiner: Rhythmen im Kosmos und im Menschenwesen. Wie kommt man zum Schauen der geistigen Welt? GA 350, Vortrag vom 30. 5. 1923, Dornach 1980, S. 28.; Ders.: Okkultes Lesen und okkultes Hören, GA 156, Dornach, 2003; L. Gartenschläger: Fußballklubs sollen bald für Polizeieinsätze zahlen. In: welt.de, 8.12.2012