Gescheiterte Inklusion – ein Bericht aus dem wirklichen Leben

Kirsten Repnak

Die Grundschule im Ort kam wegen der räumlichen und personellen Situation nicht in Frage. Eine weitere Schule in der näheren Umgebung teilte uns mit, dass sie »so einen wie unseren Sohn« nicht aufnehmen könne. Eine andere dagegen war bereit, ihn »zu beschulen«, da er deren Schulstandort sichere. Das Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte teilte uns mit, dass diese Schule nicht integrativ oder inklusiv arbeite. Die Waldorfschule in unserer Nähe, die unser mittlerer Sohn besucht, sah sich ebenfalls nicht in der Lage, Jonathan aufzunehmen.

Jonathan besucht seit seinem dritten Lebensjahr einen Waldorfkindergarten mit einer »Integrationsgruppe« und kommt dort prima zurecht. Unser größter Wunsch ist, eine Waldorf-Regelschule zu finden, die inklusiv arbeitet, doch die gibt es hier nicht. Aus diesem Grund beschlossen wir, Jonathan an der Johannesschule in Evinghausen anzumelden, einer heilpädagogische Schule auf der Grundlage der Pädagogik Rudolf Steiners. Diese ist jedoch 40 Kilometer von unserem Wohnort entfernt! Wir beantragten die Überprüfung des sonderpädagogischen Förderbedarfs »Geistige Entwicklung und Hören«, der auch festgestellt wurde. Die Landesschulbehörde, sprich der Schuldezernent, teilte mir mit, dass er gestatte, Jonathan an der Schule unserer Wahl einzuschulen, jedoch unter folgenden Auflagen: Es besteht kein Elternwille, die Behörde hat alleiniges Entscheidungsrecht. Jonathan darf nur an Förderschulen unterrichtet werden.

Wir übergaben daraufhin den Bescheid an unseren Rechtsanwalt, der uns nach seiner Recherche Folgendes mitteilte: Auch wenn die UN-Konvention zur Inklusion ratifiziert wurde, vertritt die Rechtssprechung die Auffassung, dass aus der Unterzeichnung nicht automatische die Anwendung folgt. Das heißt, ihre Bestimmungen sind nicht unmittelbar geltendes Recht. Für die Umsetzung wird dem Gesetzgeber eine Frist zugebilligt.

Der niedersächsische Landtag hat das Gesetz zur Einführung der inklusiven Schule im März 2012 beschlossen. Es trat am 1. Aug. 2012 in Kraft. Dennoch ist die praktische Umsetzung und deren Auswirkung abzuwarten.

Das heißt konkret: Trotz der viel bejubelten UN-Konvention, der Berichte auch in Ihrer Zeitschrift, der Tagungen, Fortbildungen und Seminare sind wir keinen Schritt weiter! Die Konvention ist nur Papier, aber kein bindendes Gesetz. Laut Aussage unseres Anwaltes hat eine Klage wenig Aussicht auf Erfolg.