Eine künstlerische Passion

Maja Rehbein

Ein elternloses Mädchen verlässt um 1650 in Spanien die Herberge auf dem Land, wo sie schlecht behandelt wurde. Das Schicksal führt Maria nach Madrid in die Malerwerkstatt von José Pacheco. Das Miterleben ihrer schöpferischen Entwicklung nimmt den Leser gefangen. Maria ist als Magd eingestellt, doch hat sie großes Talent zum Malen. Eine offizielle Ausbildung für ein Mädchen ist jedoch in jener Zeit undenkbar. Im Malen von Tieren ist sie sogar ihrem Meister überlegen. Es sind »alte Fähigkeiten«, die durch ihren Lernwillen zu hohem Glanz gelangen. Maria vertritt in der Stille ein franziskanisches Christentum. Dass gerade sie im Zeitalter der spanischen Inquisition zittern muss, ist ein weiteres Spannungs­moment.

Sie gewinnt die Menschen für sich: die Lehrlinge durch ihre Hilfsbedürftigkeit und natürliche Schönheit, den Meister durch ihre Arbeitswilligkeit als Magd und Malerin. Zuletzt überzeugt sie sogar die Königin, die Meister Velázquez befragt. Sein Urteil: »Dieses Mädchen führt einen goldenen Pinsel!« Am Ende des Buches bleibt alles in der Schwebe. Hierdurch sind die Gedanken des Lesers weiter mit Marias Geschichte beschäftigt. Leider finden sich eine Anzahl Rechtschreibfehler und auch einige kleine inhaltliche Unstimmigkeiten. Hinzu kommen etliche der heutigen Zeit geschuldete Ausdrücke. Doch wurde eine hervorragende Recherchearbeit geleistet. In die Schilderung einer Madrider Malerwerkstatt im 16. Jahrhundert kann der Leser ohne Schwierigkeiten eintauchen. Damit ist das Buch für ältere Kinder wie für Erwachsene gleichermaßen zu empfehlen. Die Pariser Autorin Marie Bertherat hat bereits mehrere Kinderbücher veröffentlicht.

Marie Bertherat: Das Mädchen mit dem goldenen Pinsel. Aus dem Franz. von Corinna Tramm. 205 S., geb. EUR 13,90. Verlag Urachhaus, Stuttgart 2010