Im Schatten Orwells

Ulrike Schmoller

In der englischen Originalfassung heißt dieses Buch »Inventing Elliott«. In der Tat erfindet sich Elliott neu, als er in eine andere Stadt und damit auch in eine andere Schule kommt. Nachdem er bislang auf fiese Art gemobbt wurde, setzt er nun alles daran, nicht aufzufallen und immer genau so zu sein, wie man es von ihm erwartet, damit er nicht wieder zum Opfer der Gewalt seiner Mitschüler wird. Dafür plant er seine Worte und Schritte sehr bewusst und legt sich ein Pokerface zu, das nichts von seinen Gefühlen verrät. Sein Plan scheint zu funktionieren, doch gibt es keinen Grund, erleichtert aufzuatmen. An der scheinbar disziplinierten Schule treiben so genannte »Wächter« ihr Unwesen, die nicht Normgerechte mit gemeinen Bestrafungen in Schach halten und sich im Sinne George Orwells Beobachtung, Kontrolle und Macht auf die Fahnen geschrieben haben. Elliott lebt in panischer Angst und ständiger Anspannung, die ihn immer mehr auf die Seite der Wächter treiben. Nur wenn er mit Ben, einem der Opfer, oder mit der eigenständig denkenden Louise zusammen ist, fühlt er sich frei. Dennoch darf er sich keinem ganz anvertrauen, und bald weiß er gar nicht mehr, wie er seine verschiedenen Masken auseinander halten soll und wer er selbst eigentlich ist. Wird er es schaffen sich gegen das Unterdrückungssystem zu stellen?

Dass dieses schonungslose Jugendbuch über die Schrecken von Anpassung und Normierung, den Jugendliteraturpreis der Jugendjury bekam, zeigt, wie wichtig und nah es den Heranwachsenden ist. Eben ist es in der bereits fünften Auflage erschienen. 

Graham Gardner: Im Schatten der Wächter, 199 S., geb., 5. Aufl., Jugendbuch ab 13 J., EUR 16,90, Freies Geistesleben, Stuttgart 2013