Handwerk trifft Schule

Amelie Schlemmer, Serafina Strömsdörfer

Bäckermeister und Naschkatzen

Man riecht schon von weitem einen süßlichen Duft, der stark an Weihnachten erinnert. Drängt man sich durch die vielen Leute, sieht man lange Tische, die mit Mehl bestäubt und von ausgerolltem Teig bedeckt sind. Daran stehen Jugendliche und Kinder, die voller Eifer Plätzchen ausstechen und verzieren und rote Rosen aus Marzipan herstellen. Ein kleines blondes Mädchen stibitzt sich ein Stück ihres Teigs und steckt es sich schnell in den Mund. Als die Naschkatze sich verstohlen umsieht und bemerkt, dass sie beobachtet wird, wird sie etwas rot und lacht. Zwei in weiß gekleidete Bäckermeister eilen herum, teilen neuen Teig aus, sammeln fertige Plätzchen ein, bringen sie zum Backofen und beantworten nebenher die Fragen der Besucher.

»Ich persönlich habe schon als kleiner Junge gerne gebacken und Kuchen gegessen. Irgendwann hat mir meine Mutter einmal gezeigt, wie man einen Marmorkuchen herstellt und von da an gab es jeden Sonntag Marmorkuchen und wenn ich gut drauf war noch einen Zitronen- oder Nusskuchen«, schmunzelt der Bäckermeister. »Irgendwann habe ich mir dann gesagt, jetzt werde ich Bäcker!«

Voller Sound und flüssiges Glas

In einem eher schlicht eingerichteten Raum stehen ein paar einheitlich gekleidete junge Leute hinter einem Tisch mit hochwertig aussehenden Schallplattenspielern. »Bei den ganzen digitalen Dingen, wie zum Beispiel beim MP3-Player, sind so viele Klänge einfach wegdigitalisiert – du hörst Sachen, die du auf der Platte hörst, bei digitalen Musikspielern leider nicht mehr«, erklärt der junge Elektroniker und Feinmechaniker einem Interessenten voller Überzeugung. Bevor er weiter sprechen kann, ergänzt die junge Frau neben ihm: »Das Problem bei einer CD ist eben einfach, dass das alles mit einem Code System, bei dem aber natürlich irgendwann die Bitzahlen erreicht sind, funktioniert. Es passt also nichts mehr drauf, das heißt, ich höre vielleicht die Flöten und Geigen aber dafür den Sänger nicht mehr, weil sein Klang dann irgendwo abgekappt wird – bei der Schallplatte kommen wirklich alle Klänge durch«, meint sie entschieden. »Mit einer Platte hast du wirklich unverfälschten Sound«, »besser geht es eigentlich nicht«, sagt der junge Mann.

Wir folgen einer ob des vielfältigen Angebots begeisterten Lehrerin in einen Raum, in dem sich lauter neugierige Kinder um einen Tisch scharen. An diesem Tisch sitzt ein älterer Mann, ein Glasbläser, der ein noch unförmiges Stück Glas mit Hilfe von Feuer und Luft? Gas in eine bezaubernde, interessante Form bringt. »Wenn ich noch Schüler wäre und keinen Beruf hätte, würde ich mich wahrscheinlich für Glasbläser entscheiden«, kommentiert ein Besucher.

Gespannte Saiten und Wärmepumpen

In einem etwas abgelegenen, ruhigen Raum, der nach Holz duftet, sind Geigen in ihrer »Evolution« ausgestellt. Vom noch ungeschliffenen Holz bis zur vollständig bespannten Geige kann man hier alle Arbeitsschritte, die nötig sind, um eine Geige zu bauen, begutachten. Ein Mädchen nimmt sich eine der fertigen Geigen und beginnt, einige Töne mit dem Bogen aus ihr hervorzulocken. »Mein Vater war schon Geigenbauer«, erzählt der große, grauhaarige Mann den Besuchern seines Ausstellungsraumes. »Meine Brüder sind auch Geigenbauer – das ist bei uns schon eine Familientradition.«

»Was man hier sieht, ist ganz klar die Verarbeitung von Rohren, damit irgendwo Wasser aus der Dusche, aus dem Wasserhahn in der Küche kommt und dieses ganze Gebiet nennt man Haustechnik. Diese sind da für Versorgung – also Versorgung mit Strom und Wasser – und Entsorgung – also die Entfernung des Abwassers«, erklärt ein engagierter Mann seinen eigenen Beruf. »Um in diesem Beruf tätig zu sein, braucht es vor allem handwerkliches Geschick, gute Kenntnisse in den Themen Physik und technisches Zeichnen sowie räumliche Vorstellungskraft. Als schulische Voraussetzung reicht der Mittelschulabschluss – ein weiterer Antrieb, diesen Beruf zu erlernen, sollte natürlich der Spaß an der Technik sein«, fügt er hinzu. »Natürlich sind wir auch bei der Welle der erneuerbaren Energien dabei«. Heizen mit Holz und Wärmepumpen, Solarstrom nutzen, Solarwärme nutzen, das sei sein Aufgabengebiet, schließt er mit einem Nicken ab.

Duftende Döschen und Pailletten

In einem weiteren, sanft duftenden Raum, in dem sich viele auf Samttischdecken ausgelegte Bücher über Kosmetik, Natur und Schönheit, geschmackvoll drapierte Pflanzen und Fläschchen und Döschen in verschiedensten Größen befinden, erklärt die Naturkosmetikerin, dass das Besondere an der Naturkosmetik nicht nur die Ablehnung chemischer Wirkstoffe und Mineralöle ist, sondern die pure Ausschöpfung der Pflege durch die Natur. »Ich selbst habe ein sehr problematisches Hautbild gehabt, aber nicht nur deswegen hat mich die Naturkosmetik interessiert. Es ist bei mir vor allem die Liebe zum Menschen, dass ich den Leuten, die beispielsweise mit ihrer Haut Probleme haben, einfach helfen will«, ergänzt sie.

In einem weiteren Raum sieht man als erstes ein paar schwer und massiv wirkende Säulen, viele Plakate und ein aufwändig gearbeitetes schwarzes Paillettenkostüm, das nicht zu übersehen ist. »Im Theater gibt es ganz viele Jobs«, beginnt die Frau hinter dem von Flyern und Prospekten bedeckten Tresen. »Als handwerkliche Jobs gibt es zum Beispiel den Schreiner zum Bühnenbildbau, den Schlosser, den Schneider und auch viele andere Berufe, die ohne das Theater gar nicht mehr existieren würden, wie den Schuhmacher oder den Waffenmacher. All diese Leute werden dann fest angestellt, falls es aber sehr viel zu tun gibt, holt man sich noch Hilfe von freien Mitarbeitern«, erläutert sie.

Lockenstab und Linsen

In einem Raum daneben sieht man sofort, dass sich hier alles um Haare dreht. Davon zeugen nicht nur die auf einem Tisch liegenden Haargummis, Kämme, Bürsten und Pflegeprodukte, sondern auch die auf einen Pfosten gesteckte Frisierpuppe, deren Haare gerade von zwei Jungs abwechselnd mit Glätteisen und Lockenstab gestylt werden. »Ich wollte schon von Anfang an Friseurin werden«, meint die blonde junge Dame hinter dem Tisch. »Das fing schon mit meinen Barbie Puppen an, denn die hatten bei mir sehr schnell kurze Haare«, erzählt sie gestikulierend.

Im nächsten Raum ist eine Frau von Zuschauern umringt. »Das Besondere an meinem Beruf als Optikerin ist, dass man ganz vieles Verschiedenes in einem Beruf vereint.« Sie macht eine kurze Pause: »Das heißt, man hat den modischen Aspekt, weil ja die Brille immer mehr zum Modeaccessoire wird, man hat das Handwerk, kann also wirklich etwas mit den Händen machen, hat den Kundenkontakt im Beratungsgespräch – also das Optikersein ist ganz vielseitig.« Sie erzählt, dass es von Geschäft zu Geschäft unterschiedlich sei, ob Laden und Werkstatt getrennt oder vereint seien.

Um 15 Uhr neigt der Handwerkertag sich seinem Ende zu und der Bäckermeister fasst seine Eindrücke zusammen: »Hier können sich junge Leute über alle möglichen Berufe informieren, das finde ich ganz wichtig. Man kann eben auch selbst ein bisschen anpacken, Fragen stellen und sich wirklich selbst ein Bild machen, denn man hat ja oft keine richtigen Vorstellungen davon. Hier kann man einen Blick hinter die Fassade werfen und sich seine eigene Meinung bilden.«

Zu den Autoren: Amelie Schlemmer und Serafina Strömsdörfer besuchen die Klasse 9b der Freien Waldorfschule Erlangen