Putzen in Potsdam: Die Putzdamer

Rebecca Dannenberg, Antonia Lieshoff

»Dreck ist Materie am falschen Ort.« Und die kann ganz schön unsympathisch sein – sie gehört nicht in eine Schule, kommt aber trotzdem reichlich dort vor.

»Ich finde es sehr gut, dass die Schüler ihre Schule putzen und die Schule so keine Putzfirma extra bestellen muss«, sagt L. Sie gehört zu dem Saubermach-Team, das aus 26 Schülern und Schülerinnen besteht, die tagtäglich das Schulhaus reinigen; nur das Lehrerzimmer und das Sekretariat (interne Bereiche) sowie die Turnhalle (ganztags belegt) und die weitläufigen Werkstattgebäude werden von anderen Profis geputzt. Bei den Putzdamern können Schüler ab der 7. Klasse ihr Taschengeld aufstocken. Putzdamer sind in folgenden Bereichen für einen Stundenlohn von sechs Euro tätig: Flure kommen täglich dran, Klassenräume, Fachräume ein Mal pro Woche, bei Bedarf öfter. Zusätzliche Arbeiten fallen immer an und können jederzeit dazwischengeschoben werden. Die WCs werden jeden Tag von verschiedenen Schülern geputzt. Jedes WC hat seinen eigenen WC-Paten, der für Sonderarbeiten und Reklamation zuständig ist und außerdem regelmäßig nach dem Rechten sieht! Pro Stunde Toilettenputzen verdienen wir acht Euro. Jede Klasse fegt ihren Raum täglich und sollte den Müll wegbringen. Wenn wir nach dem Unterricht zur wöchentlichen Reinigung kommen, erwarten wir, dass aufgestuhlt ist und die Spüle leergeräumt wurde. Dann reinigen wir den Boden, die Spüle, Fußleisten und Fensterbänke feucht mit biologischen Produkten.

Warum putzen so viele Schüler aus unserer Schule freiwillig?

Um das aus erster Hand zu erfahren, haben wir einige Putzdamer gefragt:

A.(16): »Ich finde die Idee sehr gut, da wir überhaupt keinen Weg haben, können wir, je nachdem wie wir Zeit haben, direkt nach der Schule arbeiten gehen. Außerdem finde ich das System sehr gut, dass die Schüler ihren eigenen ›Dreck‹ selber wegmachen und so eventuell auch andere dazu bringen können, nicht überall ihren Müll zu hinterlassen.« L.(15) antwortet: »Ich fand es sehr praktisch, dass man etwas Sinnvolles tut und dabei Geld verdienen kann – und man sieht am nächsten Tag auch gleich, was man vorher geschafft hat!«

Auf die Frage: »Was, findet ihr, könnte man noch verbessern?«, hören wir von L.: »Die Arbeiten könnten abwechslungsreicher sein, da es schnell sehr langweilig wird, wenn man immer wieder das Gleiche tut, Woche für Woche.« A. dagegen bedauert: »Ich finde es sehr schade, dass schon Regeln geändert wurden, wovon sehr viele überhaupt nichts mitbekommen haben, sondern es dann merkten, als ihnen etwas vom Geld abgezogen worden ist, ohne dass sie gleich wussten wofür! Außerdem wurde das Honorar manchmal nicht regelmäßig überwiesen, so dass man sehr lange auf sein Geld warten musste.« Es gibt eine Qualitätskontrolle und, wenn die Materie am falschen Ort immer noch stört, folgt ein Abzug.

Preis fürs Klo

Und der Effekt – »Findet ihr eure Schule sauber?«

A: »Unsere Schule ist für eine Schule schon sehr sauber, natürlich ist es jahreszeitenabhängig. Im Winter und Herbst sieht die Schule sehr vermatscht aus, gerade in den Eingangsbereichen, aber auch dort haben die Putzdamer in den letzten Jahren gute Fortschritte gemacht, so dass auch die Eingangsbereiche immer sauberer werden.« J. und L. stimmen zu: »Ich denke, die Schule ist in einem sehr sauberen Zustand!« Das hat übrigens im Schultoilettenvergleich auch der Kinderkanal »Kika« festgestellt – und so bekamen wir im Herbst 2013 einen Sonderpreis für die Klos im Schulwettbewerb »Toiletten machen Schule«.

Wenn keiner da ist – der Ferienputz

In den Ferien wird die Schule grundgereinigt, da sich der Schmutz sonst nicht einfach verflüchtigt, sondern vervielfacht. Dazu können sich die Putzdamer freiwillig melden und am letzten Tag vor den Ferien länger bleiben oder an einem festgelegten Tag in den Ferien kommen, natürlich mit normalem Honorar. Allerdings verbergen sich im Ferienputz sehr viel mehr Arbeiten: Da kaum Menschen im Haus sind, kann man als Putzdamer endlich Arbeiten erledigen, die im normalen Schulbetrieb nicht möglich sind, wie etwa das Parkett in den leergeräumten Klassenzimmern pflegen, Fenster putzen, Wände, Türen und Mobiliar grundreinigen sowie kleinere Schönheitsreparaturen ausführen …

Die Putzdamer-Schülerfirma

Im Winter 2008 gründete die Schule gemeinsam mit den Schülern die »Putzdamer« unter Verantwortung eines Erwachsenen. Wie wir richtig putzen, wurde uns von Linda Thomas beigebracht, die am Goetheanum für die Sauberkeit verantwortlich ist. Der Name »Putzdamer« wurde in einem schulweiten Ideenwettbewerb gefunden. Vor einigen Jahren sollte im Rahmen unseres Projektunterrichts diese bestehende Initiative in eine Schülerfirma umgewandelt werden. Mit einem Business-Plan und wirtschaftlichen Überlegungen suchten die jungen Unternehmerinnen und Unternehmer, was bei den Putzdamern verbessert werden kann, um alles wie eine reale Firma zu organisieren. In Betriebsversammlungen haben wir viele organisatorische und finanzielle Lösungen gefunden.

Die Putzdamer sind jetzt eine beim Juniorportal des Instituts der Deutschen Wirtschaft eingetragene Schülerfirma und bekommen von dort viele hilfreiche Tipps und Unterstützung. Der Einsatzplan, Putzmittelkauf und die Qualitätskontrolle liegen noch in den Händen einer Schülermutter, aber seit der Firmengründung werden alle Stundenzettel und Überweisungen von Schülern in der Buchhaltungsabteilung der Putzdamer selbst bearbeitet, die am Ende des Geschäftsjahres einen Jahresabschluss erstellen. Wenn Sie am späteren Nachmittag in der Potsdamer Waldorfschule junge Menschen – gern mit Kopfhörern, was sonst im Schulalltag nicht erlaubt ist – ihre breiten Besen systematisch durch die Flure führen sehen, oder ein Junge mit Eimer und Gummihandschuhen aus der Mädchentoilette kommt, dann wissen Sie jetzt: Das sind die Putzdamer.

Zu den Autorinnen: Rebecca Dannenberg und Antonia Lieshoff sind Schülerinnen der 10. Klasse der Waldorfschule Potsdam und arbeiten seit einem Jahr bei den Putzdamern.