Hau den Lukas

Wolfgang-M. Auer

Antwort zur Kolumne Köhler, Der Zwanzig-Minuten-Effekt, 2/2011

Als ich vor kurzem in einer ersten Klasse hospitierte, gab es da auch so einen Lukas, wie ihn Henning Köhler schildert. Der Junge war blitzwach und sofort bereit, zu den Fragen, die die Lehrerin gestellt hatte, etwas zu sagen. Und das war bei allen Fragen. Anfangs konnte er noch warten, nach zehn bis fünfzehn Minuten nicht mehr. Dann stellte er sich hin, kniete sich mit einem Bein auf den Stuhl, und als das nicht mehr reichte, bewegte er sich vom Platz weg. Ein Glück, dass die Lehrerin ihren Unterricht in kurze Einheiten gegliedert hatte und jetzt die Anforderung wechselte. Noch besser wäre es gewesen, mit etwas weiter zu machen, bei dem der ganze Körper beteiligt und beansprucht wäre. Denn um sich selbst wieder richtig zu spüren, müssen die Kinder Abstand finden von dem, was ihre Aufmerksamkeit bindet, schreibt Köhler. Und dafür ist eben nötig, dass ein Pendelschlag hin zur Wahrnehmung des eigenen Körpers stattfindet. Dazu ist Bewegung, Berührung, Balance und Krafteinsatz nötig. Denn nur wer seinen Körper wahrnimmt und dadurch mit ihm eins wird, kann die äußeren Anforderungen eines Unterrichts integrieren.

Die Waldorfschule hat alle Möglichkeiten dazu, wenn sie nur ergriffen werden. Das Bochumer Modell oder Bewegte Klassenzimmer ist ein Versuch in dieser Richtung, in den unteren Klassen das kognitive Lernen verstärkt mit dem körperlichen Lernen zu verbinden. Wo es verwirklicht wird, wo also nicht nur das andere Mobiliar verwendet, sondern wirklich bewegt gearbeitet wird, da gibt es deutliche Erfolge. Zwei Hindernisse gibt es dabei. Einmal das Bild des Lehrers, der den Unterricht von vorne dirigiert und den Kindern die Möglichkeit nimmt, den eigenen Lernprozess selbst zu gestalten. Das zweite ist, wenn ein Lehrer Angst hat, sich zu ändern. Denn ein solcher Unterricht braucht Fähigkeiten, die man erüben muss.