Wie lernt man Zeit haben?

Johannes Roth

Ihr neues Buch setzt bei einem verwandten gesellschaftlichen Problem an: unserem Umgang mit der kostbaren »Ressource« Zeit. Ihre Suche nach Wegen aus den »Imperativen des Funktionierens« schildert die Autorin durch die Beschreibung eines Tageslaufes aus ihrem Leben anschaulich – wohl jeder Zeitgenosse wird sich in dieser Symptomatologie des Gehetzt-Seins wenigstens teilweise wiedererkennen.

Taubert ist daran gelegen, das Thema konstruktiv anzugehen: »Ich möchte nicht mit dem Finger auf andere Menschen, Gruppen, Firmen, Institutionen oder Systeme zeigen und rufen ›Ich klage dich an‹ …«. In ihrer Darstellung verbinden sich die Selbst-Erfahrung, indem sie für eine Zeit auf alle Verpflichtungen verzichtet, mit den Begegnungen der von ihr so apostrophierten »Zeit-Millionären«, also Menschen und Menschengruppen, die vielversprechende, innovative, schöpferische Ansätze in diesem Bereich haben. In Stichworten: Bedingungsloses Grundeinkommen, Skillsharing, Spreeindianer, Kommune, Tauschring … Es zeigt sich an dieser Auswahl, dass ein würdevoller, hygienischer Umgang mit der Zeit nicht zu trennen ist von einer neuen Auffassung von der menschlichen Arbeit.

Dass diese Lebensentwürfe höchst unterschiedlich überzeugend ausfallen, wird man sich denken können. Tauberts in die Beschreibungen eingefügte Reflexionen sind einleuchtend und kurzweilig, wiewohl die betont saloppe Sprache leider öfter ins Ordinäre abgleitet. An manchen Stellen werden sogar philosophische Ansätze gestreift, wodurch freilich dem Mangel an (wenigstens einem) tragenden Grundgedanken nicht abgeholfen wird. So bleibt Tauberts Fazit etwas in der Luft hängen, da der Schritt von der persönlichen Erfahrung zu überpersönlichen Gedanken und Schlüssen nicht konsequent vollzogen worden ist. Dessen ungeachtet ist die Lektüre ihrer Erfahrungen anregend.

Greta Taubert: Im Club der Zeitmillionäre. Wie ich mich auf die Suche nach einem anderen Reichtum machte, 240 S., brosch., EUR 18,–, Eichborn Verlag, Köln 2016