Etwas wirklich Herausforderndes ist nur die Arbeit für andere Menschen

Erziehungskunst | Dachte Rudolf Steiner bei der Begründung der ersten Waldorfschule an eine Integration von schulischer und beruflicher Bildung?

Peter Schneider | Zum Leitbild der gegenwärtigen Waldorf-schule gehört das Abitur. Wir haben heute Waldorfgymnasien. Darin sind sich Eltern und Lehrer erstaunlicherweise einig. Provokant formuliert ist die Waldorfschule heute eine moderne »Bourgeoisieschule«. Doch Rudolf Steiners ursprüngliche Idee war eine soziale und pädagogische. Er wollte eine arbeitspädagogische Gesamtschule, in der Lernen und Arbeiten als didaktischer Kern in einem Wechselspiel stehen, und zwar von der ersten Klasse an: »… dass Kraft und Segen mir zum Lernen und zur Arbeit in meinem Innern wachse.« Steiner stellte sich darüber hinaus eine radikal neue Oberstufe vor: Berufliche Fachleute sollten den jungen Menschen eine erste, praktisch angelegte Berufsfindung ermöglichen. Das war eine revolutionäre Idee für damalige Verhältnisse, in Zeiten, wo Arbeit und Bildung zwei Welten darstellten. Und sie ist es noch heute.

Hans Hutzel | Zu Steiners Zeiten war die praktische Berufserfahrung ungleich höher als heute. Mit vierzehn Jahren standen damals die jungen Menschen schon im Beruf. Ihr Lebensumfeld war von handwerklicher oder landwirtschaftlicher Tätigkeit geprägt. Heute gehen sie viel zu lange zur Schule, sind schulisch »eingehegt«. Die Berufsorientierung kommt zu spät. Es gibt zu viele Lehrer-Lehrer und zu wenig Lehrer, die aus anderen Berufen kommen.

PS | Wir haben es heute mit praktischen Analphabeten zu tun. Schon Hegel sagte, dass der Geist eigentlich nur dort lebendig sei, wo er praktische Anwendung finde. Auch die moderne Hirnforschung zeigt, dass fehlender Praxisbezug zu kognitiven Einseitigkeiten führt. Steiners arbeitspädagogischer Ansatz, dass die Hand den Kopf belehrt, ist tief begründet und hochaktuell.

EK | Wie ist Steiners Impuls gesellschaftshistorisch eingebettet?

PS | Im antiken Griechenland, der Wiege unseres humanistischen Bildungsideals, war körperliche Arbeit Sklavenarbeit. Ein Sklave galt nicht als voller Mensch – und ein freier Mensch, der als Handwerker körperlich arbeiten musste, war ein »Banausos« und damit ausgeschlossen von allen öffentlichen Ämtern. Das änderte sich erst mit der eigentlich evolutionären christlichen Arbeitsethik des »ora et labora«, die bis heute in den humanistischen Bildungskanon keinen Eingang fand, und letztlich auch nicht im Typus Waldorfgymnasium beheimatet ist.

HH | Durch die Industrialisierung zerfielen Schule und Arbeit in zwei Welten. Diese gesellschaftliche Entwicklung wollen die Waldorfschulen nicht zurückdrehen, doch besonders in einer bestimmten Alterstufe, mit ihren handwerklich-künstlerischen Fächern einen Ausgleich zu dieser Entfremdung schaffen. Das Werkstück soll wieder zum Lehrmeister werden. Es gilt, die Technik der Zivilisation zu verstehen – und nicht nur zu benutzen.

PS | Historisch betrachtet ist die Entfremdung von Bildungs- und Arbeitswelt ein Ergebnis des säkularen und analytischen Denkens. Dadurch entstand erst die moderne Technik, die nicht die Fortsetzung der handwerklichen Produktionsweise ist, sondern durch Zerlegen der Arbeit zu einer ganz neuen Arbeitsorganisation führte, zum Beispiel zum Fließband. Die Trennung von Bildung und Arbeit – das soll aufgehoben werden. Nun stehen wir vor der Frage, wie wir die Technik und die moderne Arbeit wieder humanisieren, das heißt, in die gesamtevolutionäre und globale Entwicklung einbinden und  wieder brüderlich und nachhaltig wirtschaften.

HH | Arbeit soll wieder Sinn haben. Das hat Folgen für unseren Arbeitsbegriff. Nicht Geldverdienen oder Karriere, die letztlich nur das Ego und die Bequemlichkeit befriedigen, stehen im Vordergrund, sondern das sinnstiftende Arbeiten, das meinen Mitmenschen dient – das entspricht übrigens auch der wirtschaftlichen Realität, auch wenn wir das aus den Augen verloren haben. Ich lebe nicht von den Erträgnissen meiner eigenen Arbeit, sondern von denen anderer.

PS | Wir haben heute ein extrem großes Theorie-Praxis-Problem. Denn wir sind einerseits hochspezialisiert und wirkungsmächtig in unserem Tun, bis hin zur globalen Selbstvernichtung; andererseits ethisch unterentwickelt, denn die sozialen und globalen Folgen werden nicht bedacht. Dieser Egoismus widerspricht der Universalität des Geistes, einem globalen Bewusstsein. Die frühe Spezialisierung, man denke nur an manche exotischen Bachelorstudiengänge, macht uns zu Experten eines Wirklichkeitsausschnitts. Was fehlt, ist eine holistisch-ethische Gesamtschau und Verantwortung. Der Spezialisierung im Tun muss die Universalität im Bewusstsein korrespondieren. Es fehlt ein Gesamtkonzept von Bildung, das technisch-instrumentelle Macht und ethische Kompetenz integriert – und zwar in ein und derselben Person.

HH | Der Effekt ist, dass das Denken und Handeln in Gesamtzusammenhängen verloren gehen. Nach dem Sozialen Hauptgesetz Steiners, nach dem »das Heil einer Gesamtheit von zusammenarbeitenden Menschen [...] um so größer [ist], je weniger der einzelne die Erträgnisse seiner Leistungen für sich beansprucht ...«, bin ich auf den anderen Menschen angewiesen. Das der heranwachsenden Generation zu vermitteln, ist Aufgabe von Schule – also das Gegenteil von dem, was Schule heute antrainiert. Hinter der Fassade von Konkurrenz und Egoismus wirkt sachgemäß das Prinzip der Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben – das führt natürlich zu einem anderen Arbeits- und Einkommensbegriff. Wir brauchen deshalb eine sinnstiftende und von staatlichen und wirtschaftlichen Interessen freie Bildung, die diesen Zusammenhang entlarvt und die jungen Menschen befähigt, hinter die Fassade zu blicken und sich ein eigenes Urteil zu bilden.

EK | Die berufliche Bildung wird an einigen Schulstandorten in Deutschland seit Jahrzehnten praktiziert, zum Beispiel an der Hiberniaschule oder in Kassel. Warum sind es Einzel­erscheinungen geblieben?

HH | Das sind wichtige, zum Teil schon jahrelang bewährte Einzelbeispiele. Doch wir stehen damit insgesamt noch ganz am Anfang. Eine Neuimpulsierung ist notwendig und bildungspolitisch aktuell. Warum greifen die Waldorfschulen diesen Ansatz nicht stärker auf? – Ganz einfach: Für viele Waldorfschulen stellt sich die Frage gar nicht, weil eine berufliche Ausbildung, in welcher Form auch immer, nicht zu ihrer Zielsetzung gehört. Das Abitur, die schulischen Abschlüsse sind wichtiger.

PS | Die genannten Schulen sind berufspädagogische Leuchttürme. An ihren Erfahrungen kann man sich ausrichten, sie bieten Navigationshilfe, aber man kann sie nicht einfach übertragen. Durch ihre langjährige Erfahrung ist aber empirisch belegt: Eine duale Ausbildung bedeutet nicht längere Schulzeit, aber doppelte Qualifikation. Beide Ausbildungsstränge bergen unglaubliche Synergien. Nebenbei räumt man mit dem Vorurteil »dummer Handwerker« und »schlauer Akademiker« auf. Es ist eine Forderung der Zeit, wider den Akademisierungswahn, dass die Waldorfschulen an ihren Ursprungsimpuls einer ganzheitlichen Bildung wieder Anschluss finden – in stimulierender Korrespondenz mit dem allgemeinen Schul- und Bildungswesen.

HH | Die Transfereffekte sind erforscht und bekannt: Die künstlerische Tätigkeit fördert das strukturelle Denken; Flöten und Handarbeit nicht nur die Feinmotorik, sondern auch die Intelligenz; nicht zuletzt die Eurythmie als Beziehungskunst die sozialen Kompetenzen.

EK | Warum wird dieser Ansatz auch als trialer Bildungsweg bezeichnet?

PS | Gemeint ist, dass die Kunst als »Tertium Comparationis« ein exemplarisches Übungsfeld für die schöpferische Begegnung von Theorie und Praxis darstellt. Praktisches Tun und ideelle Motivation verschmelzen exemplarisch, was dann prinzipiell auf jede Handlung, also auch auf Arbeit, übertragen werden kann. Dies hat mein Kollege Michael Brater auch empirisch begründet

EK | Inwieweit wirken grundberufliche Arbeitserfahrungen, die vermittelt werden sollen, persönlichkeitsbildend?

HH | Der persönlichkeitsbildende Wert ergibt sich aus der Arbeit selbst. »Meine« Arbeit wird – für andere – gebraucht. Die Arbeit befriedigt mich, weil sie anderen Menschen unmittelbar dient. Diese Erfahrung ist das Ausbildungsziel. Wir kennen es aus vielen Praktikumsberichten: Ein neuer, seiner gesellschaftlichen Rolle bewusster Mensch kehrt zurück.

EK | Warum reichen die im Lehrplan der Waldorfschulen angelegten praktischen handwerklich-künstlerischen Angebote und die verschiedenen außerschulischen Praktika nicht aus, um dieses Ziel zu erreichen?

HH | Die Praktika sind nur ein Anfang. Schnupperpraktika sind sinnvoll bis zur 10. Klasse. Danach braucht es ein tieferes, vollverantwortliches  Eintauchen, sozusagen unter verschärften Bedingungen. Es reicht nicht, Werkstätten in der Schule einzurichten, sondern die Schule muss in der Oberstufe in die Unternehmen. Die Schüler werden Mitarbeiter in den Betrieben – nicht nur Kurzzeit-Praktikanten. Meine Wahrnehmung ist, dass die Schüler ab Klasse 10 in dieser Hinsicht unterfordert sind.

EK | Als eine Ausbildung von Kopf, Herz und Hand wird dieser Ansatz bezeichnet – eine Formulierung die auf Pestalozzi zurückgeht. Rudolf Steiner hatte vor dem Hintergrund einer anthroposophischen Menschenkunde sicher Tieferliegendes im Sinn. Was genau?

PS | Um es auf den Punkt zu bringen: Die Werkbank wird zum Altar! Der Sinn der Arbeit entwickelt sich aus der Werkwelt heraus – sozusagen von unten nach oben – als umgekehrter Kultus. Wir haben den Arbeitsauftrag, wir tun etwas für andere, was gebraucht wird, wir »opfern« dann das Ergebnis und »entfremden« uns damit unserer Arbeit. Das »Arbeits-Opfer« ist die notwendige Grundlage einer neuen »Kommunion«, dies wurde von Hans Hutzel vorhin als »Soziales Hauptgesetz« benannt. Und genau darin liegt die »Mission« der modernen Arbeit, jedenfalls im Sinne Rudolf Steiners. Und sofern sich die Waldorfschule noch an ihm orientiert, liegt genau darin das Bildungs- und Erziehungsziel der Waldorf-Arbeitspädagogik und -Berufsbildung.

HH | Das schulische Lernen soll von der Hand zum Kopf gehen, nicht umgekehrt. Die Theorie kann nie direkt die Praxis hervorbringen.

EK | Ist das Modell eine menschenkundliche Notwendigkeit und damit eine für alle verbindliche Forderung verknüpft oder ist es nur eine mögliche Spielart einer menschengemäßen Erziehung?

HH | Wir wollen die Waldorfpädagogik vom Kopf auf die Füße stellen. Das wäre ein Impuls für die nächsten 100 Jahre Waldorfoberstufenpädagogik. Eigentlich bräuchten wir einen Lehrplan, der ab der ersten Klasse diese Arbeits- und Werkwelt in die Unterrichte holt. Wir haben ja schon viele Ansätze, zum Beispiel in der Handwerker-Epoche, im Gartenbau, in den künstlerisch-handwerklichen Unterrichten.

EK | Wie weit ist Ihr Impuls im Waldorf-Berufskolleg bereits praktisch umgesetzt worden und welche Erfahrungen liegen vor?

PS | Es gibt zur Zeit sechs Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen, ein siebtes wird zurzeit in Siegen gegründet, und die Emil Molt Akademie in Berlin sowie die IBIS-Initiative in Stuttgart. Es liegen viele Anfragen aus dem In- und Ausland vor. Die Resonanz auf dieses Angebot ist von Seiten der Schulen und Schüler positiv. Die Schulen werden von der »Forschungsstelle für Waldorf-Arbeitspädagogik/Berufsbildung« an der Alanus Hochschule wissenschaftlich begleitet. Nicht zuletzt deshalb, weil die Alanus Hochschule selbst eine Fortsetzung des geschilderten »Dualen Bildungsweges« im tertiären Bildungsbereich ist.

HH | Es liegt auf der Hand: Die gesellschaftliche Bedeutung der Arbeit muss in der Bildung wieder erlebbar gemacht werden. Der Bildungswert von Arbeit besteht darin, dass man sich klar wird: Wir übernehmen damit gesellschaftliche Verantwortung.

EK | Was unterscheidet Ihr Modell von den existierenden allgemein- und berufsbildenden Angeboten?

HH | Dass wir in einem lebendigen Dialog mit Unternehmen und Einrichtungen stehen. Was können Schule und Unternehmen voneinander lernen? Wie bereiten wir die Schüler auf ein Praktikum vor und – fast noch wichtiger: Wie bereiten wir es reflektierend nach? Und die Lehrer machen selbst ein Praktikum, um zu erleben, was das heißt. Es besteht eine enge Verzahnung von Lehrern und Ausbildern. Man könnte sogar an einen regelmäßigen Personaltausch denken, so dass Betriebsleiter, Lehrmeister und Ausbilder an die Schulen kommen und Lehrer in die Betriebe. Die Kollegiaten machen Realerfahrungen, erleben konkret Defizite in der Betriebsführung oder der Sozial- oder Entscheidungsstruktur eines Betriebs, erleben Inkompetenz, Mobbing und Konkurrenz zwischen Mitarbeitern. Das muss der theoretische Freiraum Schule dann bearbeiten.

EK | Sind Waldorfeltern die Abschlüsse nicht wichtiger als die Pädagogik? Wie soll es da gelingen, eine berufliche Ausbildung zu einem attraktiven Angebot zu machen?

HH | Salopp gesagt: Die Eltern gehen der Vergötzung des Abiturs auf den Leim. Hier besteht Aufklärungsbedarf und Überzeugungsarbeit muss geleistet werden, um was es in Waldorfschulen in der Oberstufe eigentlich geht.

PS | Die Alternativen, wie zum Beispiel das Berufskolleg, müssen auch von innen heraus, durch ihre zukunftsorientierte duale Bildungsqualität und als Initiation in ein lebenslanges Lernen aufgewertet werden. Das Abitur ist bei weitem nicht die einzige Hochschulzugangsberechtigung. Auch die Fachhochschulreife oder der Weg über einen Lehrberuf sind inzwischen anerkannte und bewährte Alternativen. Das ist noch nicht genügend bekannt, gerade auch im spezifischen Milieu der Waldorflehrerschaft und Waldorf­elternschaft.

EK | Die Hälfte der Schüler, die Berufskollegs besuchen, sind Nicht-Waldorfschüler. Warum ist das Angebot besonders für diese attraktiv?

HH | Man könnte denken, dass es besonders diejenigen Schüler sind, die es im »normalen« System nicht geschafft haben. Da ist etwas dran. Denn für diese Schüler ist Schule einfach nichts. Sie sind schulmüde und erleben Schule als sinnentleert. Doch das wäre zu kurz gedacht. Viele Schüler erleben zwischen 16 und 19 Jahren eine Art »Nachbrenner« und sind äußerst motiviert bei der Sache. Noten ziehen nicht mehr, sondern der Ernst der Arbeit weckt die Lernneugier. In der Schule kennen die Schüler Fächer im Takt. Im Betrieb muss alles auf einmal zur Anwendung kommen – handlungsorientiert, nicht theoretisch. Im Betrieb hat Handeln Konsequenzen. Deshalb bin ich für eine viel frühere Realeinbindung von Schule in die Arbeitswelt. Wie viele Dinge im handwerklich-künstlerischen Unterricht werden nicht zu Ende gebracht? Das gibt es in der Arbeitswelt nicht oder kann sich zumindest keiner auf Dauer leisten.

PS | Das duale Lernen beginnt ja eigentlich schon mit dem ersten Atemzug. Folgerichtig sollte es als praktische Arbeitslehre ab der ersten Klasse da sein – und zwar fachlich professionell und altersgerecht. Von Anfang an muss die Maxime leitend sein: Es ist brauchbar und notwendig, was ich tue. Sonst kommen sich die Schüler im Grunde ihrer Seele doch pädagogisch verschaukelt vor: Wir basteln und nennen es Arbeit. Nichts machen Kinder lieber als bei »richtiger« Arbeit dabei zu sein und – fachlich angeleitet – selbst Hand anzulegen. Und damit zu erleben, dass sie etwas können und darin eine Anerkennung finden. Für die Schüler ist es eine bewusste Entscheidung, ein Berufskolleg zu besuchen. Sie erleben: Ich werde begleitet, mir wird eine persönliche Perspektive geboten. Dazu kommen das »Waldorf- klima«, der anthroposophische Hintergrund, die individuelle Betreuung, die das Ganze persönlicher machen.

EK | Also hat nur Arbeiten Sinn und schulisches Lernen nicht?

PS | Es geht nicht darum, Schule und Arbeit gegeneinander auszuspielen: Das zentrale pädagogische Mantra Steiners für die Waldorfschule lautet: »Ich will lernend arbeiten – ich will arbeitend lernen«. Ziel der Schule sollte die Lebenstüchtigkeit der Schüler sein. Thomas Stöckli, der Pionier dieser Pädagogik in der Schweiz, bezeichnet das in seiner lesenswerten Dissertation als »Lebens-Lernen«.

EK | Heute können sich viele Schulabgänger gar nicht entscheiden, welche berufliche Richtung sie wählen wollen. Das kann zu einem problematischen Dauerzustand werden.

PS | Es ist vollkommen legitim zu fragen: Was macht mir Spaß? Aber etwas wirklich Neues und wirklich Herausforderndes ist nur die Arbeit für andere Menschen. Sie knüpft an den idealen inneren Menschen an und der ist im jungen Menschen noch ansprechbar und möchte auch angesprochen werden.

HH | Es kommt darauf an, dass man Möglichkeiten ergreifen lernt und nicht wie die sogenannte »Generation May be« sich immer alle Möglichkeiten offen zu halten und damit nichts zu entscheiden. Denn nur durch Entscheidung, Festlegung und Verbindlichkeit eröffnen sich neue Möglichkeiten.

PS | In jedem jungen Menschen schlummern Ideale, die eine Erneuerungskraft in sich tragen. Die Doppelqualifizierung hilft, die Gesellschaft nicht nur als Mundwerker, sondern auch als Handwerker tatkräftig zu gestalten und neue Impulse zu setzen – wie später nie mehr im Leben. Eine Gesellschaft ist angewiesen für ihre Weiterentwicklung auf die Überschusskräfte der Jugend – besonders eine Gesellschaft, die zu überaltern droht. Dieses Verjüngungspotenzial wird bis heute nicht genutzt. Insofern könnte die Waldorfschule der schöpferische Quellpunkt einer neuen und solidarischen Gesellschaft werden.

Die Fragen stellte Mathias Maurer