20 Jahre Oase Masloc. Schüler bauen ein medizinisch-therapeutisches Zentrum in Rumänien

Wilfried Kessler

Das Gelände war seinerzeit völlig verwildert, mit Müll übersät und voll von verlassenen, renovierungsbedürftigen oder abbruchreifen ehemaligen Genossenschaftshäusern. Heute ist es nicht wiederzuerkennen. Denn über 300 Schüler haben inzwischen in 35 Baulagern vor Ort ein neues dreistöckiges Klinikgebäude gebaut, andere Gebäude renoviert, die heute als Kindergarten, Altersheim, Jugendbegegnungsstätte, Heilmittelherstellungsgebäude und Mitarbeiterwohnhaus dienen. Die Helfer legten einen schönen großen Klinikpark mit einem Schwimmbecken, einer Kapelle und mit Rollstühlen befahrbaren Wegen an und bauten vor drei Jahren eine Biokläranlage, durch die die Abwässer der Häuser gereinigt werden (die einzige derartige Anlage im ganzen Banat!).

Auch einen großen Gemüse- und Heilkräutergarten gibt es mittlerweile. Mehr als 200 Medikamente werden hier hergestellt, die nicht nur der Klinik, sondern auch Ärzten im ganzen Land zugute kommen.

Ein guter Kontakt zu den großen Heilmittelfirmen Weleda und Wala sorgt für Medikamentenspenden und die Schulung von Labor- und Apothekenmitarbeitern. Jährlich finden hier zwei bis drei Ärztetagungen statt, zu denen namhafte Dozenten aus Deutschland und der Schweiz eingeladen werden. Die Patienten kommen nicht nur aus der ländlichen Region zwischen Arad und Timisoara, sondern mittlerweile aus dem ganzen Land, da der gute Ruf und die Heilerfolge des medizinisch-therapeutischen Zentrums sich herumgesprochen haben.

36 Hilfstransporte mit 22-Tonnern

Die Ulmer Schüler organisierten 36 Hilfstransporte, die Sachspenden nach Masloc beförderten. Dem Zentrum sind Sach-, Geld- und Medikamentenspenden im Wert von mittlerweile vier Millionen Euro zugekommen. Jedes Jahr starteten die Schüler Spendenbriefaktionen an Firmen und Stiftungen, sie veranstalteten Büffets und Theateraufführungen, ja sogar ganze Tourneen, deren Erlös jeweils dem Zentrum zugutekam.

Ein biologisch-dynamischer Hof entsteht

2012 wurde ein neuer Projektabschnitt in Angriff genommen: Die Schüler der jetzigen 10. Klasse haben in zwei Baueinsätzen beim Aufbau des geplanten biologisch-dynamischen Bauernhofes geholfen. Ein kleines Stallgebäude steht schon und im Mai konnten die Schüler das Gebäude fertig streichen. Ende Oktober begann der Aufbau des Bauernhauses. Im Mai 2013 wurde in einem weiteren Einsatz ein älteres Gebäude renoviert und zur Bäckerei umgebaut. Die biologisch-dynamische Anbauweise soll die Ernährung der Patienten verbessern. Die Backwaren sollen auch der Dorfbevölkerung zugute kommen, die seit Jahren keine Bäckerei mehr besitzt.

Einzelne haben sich stark mit Rumänien verbunden: Eine Schülerin arbeitete nach dem Abitur über ein halbes Jahr in einer rumänischen Waldorfschule für Romakinder; eine weitere Schülerin ging für ein Jahr nach Bukarest, um dort in einem Kindergarten zu arbeiten; ein Schüler machte seinen Zivildienst in der Waldorfschule in Bukarest; eine andere Schülerin arbeitete während der Sommerferien in der heilpädagogischen Einrichtung in Simeria und zwei weitere Schülerinnen machten ein Pflegepraktikum in der Klinik. Zwei ehemalige Schüler arbeiten mittlerweile als Auslandsvertreter für Rumänien in deutschen Großfirmen.

In einem über 40 Jahre von der Diktatur gebeutelten Land, in dem die Armut und die Arbeitslosigkeit drastisch zunehmen, ist durch das große, ehrenamtliche Engagement der Schüler, die in vielen Ferien dort gearbeitet haben, ein Ort des Aufbaus und der Hoffnung entstanden: die Oase Masloc.

Zum Autor: Wilfried Kessler ist Heilpraktiker, Eurythmist und Theaterlehrer an der Freien Waldorfschule Ulm.