Die Sommerakademie Alfter

Griet Hellinckx

Der gemeinnützige Verein »Alanus Gesellschaft« wurde in Stuttgart im Jahr 1969 registriert. Ziel war die Gründung einer Kunsthochschule auf anthroposophischer Basis. Im Vordergrund stand die Begegnung der Künste Malerei, Bildhauerei, Eurythmie, Tanz, Schauspiel, Maskenbau, Schreibwerkstatt, Musik, Chor und Kinderatelier. Bereits vier Jahre später nahm sie nach dem Kauf und dem provisorischen Umbau des Johanneshofes den Studienbetrieb mit 30 Studenten auf.

Vorläufer der heutigen Sommerakademie waren die sogenannten Bauzeiten. Geboten wurden Kost, Logis und ein künstlerischer Kurs für den tatkräftigen Einsatz am Bau. Als die Hochschule die großen Bauabschnitte beendet hatte, blieb die Nachfrage nach künstlerischem Tätigsein und so kam der erste Sommerkurs zustande. Es folgten weitere. Ihr Anliegen war, die Begegnung der Künste mit vollem Einsatz zu leben, Alanus bekannt zu machen, die verzerrten Bilder und Vorbehalte in der Umgebung zu korrigieren, den Johannishof zu öffnen und den Hof und die Ateliers denen zur Verfügung zu stellen, die übers Jahr nicht künstlerisch arbeiten konnten.

So fing zugleich die Öffentlichkeitsarbeit für die Hochschule an. Im Rahmen des Bonner Sommers 1999 gab es zum Beispiel eine Aktion mit 500 Bohnenstangen auf dem Markplatz. Markus Stockhausen und Angie Hiesel beteiligten sich ohne Honorar. Überschüssige Einnahmen aus den Veranstaltungen wurden der Hochschule, die es finanziell nicht leicht hatte, zur Verfügung gestellt. Studentenzimmer wurden für die Zeit untervermietet. Es gab Platz für Zelte und Wohnwagen. Da Eltern fragten, ob sie ihre Kinder mitbringen konnten, entstanden Spielateliers und Kinderkurse. Die Kreativität und Freude der Kleinen tragen auch heute noch zu dem besonderen Ambiente bei. Es gleicht eher der Leichtigkeit eines Festivals als dem Ernst einer Akademie. Jung und Alt, Soziales und Individuelles, Übung und Experiment, das gemeinsame Schaffen, Reflektieren, Essen und Träumen – all das bildet eine soziale Skulptur. Damals wie heute gab es ein Rahmenprogramm. Und die Menschen kamen, und kommen noch immer.

Kreativität und Inspiration auch nach zwanzig Jahren

Etwa 4.000 Menschen sind seit den Anfangstagen in diese anregende Atmosphäre eingetaucht; vor allem solche, die durch ihre beruflichen oder familiären Tätigkeiten sehr ausgelastet sind, und dennoch eine tiefe Sehnsucht danach spüren, künstlerisch zu arbeiten und sich selbst und der eigenen schöpferischen Quelle näher zu kommen. Viele sind Wiederholungstäter – jedes Jahr etwa 60. Weitere 120 kommen jeden Sommer zum ersten Mal. Früher reisten sie von weiter weg aus ganz Deutschland und sogar aus dem europäischen Ausland an. Heute kommen zwei Drittel aus dem näheren Umkreis. Längst geht es dem Sommerakademie-Team nicht mehr darum, die Alanus Hochschule finanziell zu unterstützen. Denn diese hat sich inzwischen weit übers Rheinland hinaus einen Namen gemacht.

Das »hässliche Entchen« hat sich als Schwan entpuppt. Im Jahr 2002 erhielt sie die staatliche Anerkennung als Kunsthochschule. In dem Masterstudienschwerpunkt »Kunst und Gesellschaft« gibt es den Arbeitsbereich »Kunst im Dialog«. Dort stehen die Beschäftigung mit gesellschaftsbezogener Kunst und die Arbeit mit unterschiedlichen Zielgruppen im Mittelpunkt. Der Fachbereich geht davon aus, dass Künstler gesellschaftliche Entwicklungen initiieren und reflektieren und individuelle und kollektive Veränderungsprozesse durch künstlerische Praxis unterstützen können.

Die Sommerakademie Alfter bietet diesen Studierenden ein konkretes, inspirierendes Beispiel. Obwohl sich in Alfter seit 1990 sehr Vieles verändert hat, lebt etwas von dem anfänglichen Elan weiter. Auch nach so vielen Jahren umgibt die Veranstaltung noch die Aura des Experimentellen, des Neuen und des Schöpferischen.

Zur Autorin: Griet Hellinckx unterrichtet an der Freien Waldorfschule Prien. Ab dem neuen Studienjahr wird sie wieder am Institut für Waldorfpädagogik in Witten-Annen als Dozentin tätig sein.

www.sommerakademie-alfter.de