Marcelo da Veiga gibt Amt des Rektors an der Alanus Hochschule ab

Albert Schmelzer

Nach drei Amtsperioden war er vom Senat und Stiftungsvorstand gebeten worden, sein Mandat noch einmal zu verlängern. Hintergrund war die Beantragung des Hochschulstatus für den Standort Mannheim sowie ein Antrag auf Erteilung des Universitätsstatus für einen Teil ihrer Einrichtung sowie die Erweiterung des Promotionsrechts. Da dieses Verfahren beim Wissenschaftsrat im Frühjahr 2017 abgeschlossen wird, sieht da Veiga  nun den Zeitpunkt zur Beendigung seines Amtes gekommen, um sich dann voll akademischen Aufgaben in Lehre und Forschung widmen zu können.

Dabei kann er auf eine äußerst erfolgreiche Tätigkeit als Rektor zurückblicken. Während seiner Amtsführung hat sich die Alanus Hochschule von einer Bildungseinrichtung mit zunächst ca. 150 Studenten und etwa 14 Mitarbeitern zu einer staatlich anerkannten und institutionell akkreditierten Hochschule mit rund 1.500 Studenten an zwei Standorten – Alfter und Mannheim – und mit etwa 230 Mitarbeitern, davon rund 70 Professoren, entwickelt.

Eine solche Aufbauleistung wäre ohne die Mitwirkung engagierter Freunde und Mitarbeiter sowie die großzügige Förderung durch die Software AG und andere Stiftungen nicht möglich gewesen, sicher aber auch nicht ohne die Initiativkraft und Kommunikationsfähigkeit sowie den strategischen Weitblick und die hochschulpolitischen Kenntnisse ihres Rektors. Dass Marcelo da Veiga neben den zahlreichen Berufungs- und Akkreditierungsverfahren und den übrigen Aufgaben eines Rektors auch noch seine Professorentätigkeit in Forschung und Lehre durchführte, ist ungewöhnlich und bemerkenswert.

Für die Waldorfpädagogik und die sie begründende Anthroposophie hat die Entwicklung der Alanus Hochschule eine nicht zu unterschätzende Bedeutung gehabt. In ihrem Leitbild heißt es explizit: »Ein identitätsstiftender Forschungsschwerpunkt ist die diskursorientierte Auseinandersetzung mit dem Denken und Werk Rudolf Steiners in Kunst und Wissenschaft.« Eine solche Orientierung stellte für die institutionelle Akkreditierung durch den Wissenschaftsrat im Jahre 2010 kein Hindernis dar; zudem erhielt der Fachbereich Bildungswissenschaft das Promotionsrecht.

Damit ist ein Rahmen gegeben, der verschiedene Möglichkeiten eröffnet.

Erstens: Anthroposophische Heilpädagogik und Waldorfpädagogik können in staatlich anerkannten Studiengängen auf Hochschulniveau studiert werden; die entsprechenden Master-Abschlüsse führen in allen Bundesländern zur Unterrichtsgenehmigung an anthroposophisch orientierten heilpädagogischen und inklusiven Schulen und an Waldorfschulen. Besonders das Studienzentrum Mannheim hat von den ausgezeichneten Entwicklungsbedingungen als Standort der Alanus Hochschule profitiert: Das Kollegium kann durch seine Senatsvertreter die Entwicklung der Alanus Hochschule mitgestalten, die in Mannheim tätigen Professoren haben das Promotionsrecht und die Studierenden sind voll Bafög- berechtigt. In den letzten Jahren konnte ihre Zahl deutlich gesteigert werden, so dass - nimmt man die Absolventen der grundständigen Studiengänge in Witten und Stuttgart hinzu -  mittelfristig die Chance der dringend notwendigen Verjüngung der Kollegien der Schulbewegung besteht.

Zweitens: Anthroposophie und Waldorfpädagogik treten stärker in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses. Symptome dafür sind beispielsweise der Kongress »Waldorfpädagogik und Erziehungswissenschaft«, der im Oktober 2016 in Alfter stattfand und an dem u.a. eine Reihe von Professoren beider Richtungen in einen fruchtbaren Diskurs eingetreten sind, oder auch die Tatsache, dass an der Alanus Hochschule eine Professur für Philosophie und Erkenntnisgrundlagen der Anthroposophie eingerichtet worden ist, die von W.U. Klünker ausgefüllt wird.

Drittens: An der Alanus Hochschule ist, in Kooperation mit der Pädagogischen Forschungsstelle im Bund der Freien Waldorfschulen, ein Graduiertenkolleg eingerichtet worden, das Stipendiaten die Möglichkeit gibt, Promotionen zu waldorfpädagogischen Themen durchzuführen. Das Projekt zielt darauf, Forschungsfragen aus dem Gebiet der Waldorfpädagogik systematisch aufzugreifen, zu verfolgen und dadurch die Waldorfpädagogik stärker in den akademischen wissenschaftlichen Diskurs zu integrieren.

Rudolf Steiner sah in der Begründung der ersten Waldorfschule den Beginn eines Kulturimpulses für die Erneuerung des Bildungswesens seiner Zeit. Dieser gesellschaftliche Auftrag ist immer wieder neu zu interpretieren. Er erfordert für die Gegenwart, dass nicht nur die Praxis der Waldorfschulen gesellschaftlich anerkannt wird, sondern auch ihre theoretischen Grundlagen, die bisher in akademischen Kreisen entweder ignoriert oder scharf kritisiert wurden, zum Gegenstand eines ernsthaften wissenschaftlichen Diskurses werden. Zu dieser Erfordernis hat die Entwicklung der Alanus Hochschule, die Marcelo da Veiga als Rektor entscheidend geprägt und vorangebracht hat, einen wesentlichen Beitrag geleistet.

Professor Marcelo da Veiga hat angekündigt, sich nach einem Forschungssemester auf seine wissenschaftliche Arbeit und die Leitung des Instituts für philosophische und ästhetische Bildung sowie die Betreuung von Doktorarbeiten konzentrieren zu wollen. Es sei ihm dazu viel Kraft gewünscht, verbunden mit der Hoffnung auf weitere wichtige Beiträge zur Entwicklung der Anthroposophie und Waldorfpädagogik.