Listen to …

Henning Kullak-Ublick

Es endet mit einem Gedicht:

Listen to the hummingbird / Whose wings you cannot see / Listen to the hummingbird / Don't listen to me

Listen to the butterfly / Whose days but number three / Listen to the butterfly / Donʼt listen to me

Listen to the mind of God / Which doesnʼt need to be / Listen to the mind of God / Donʼt listen to me

Listen to the hummingbird / Whose wings you cannot see / Listen to the hummingbird / Donʼt listen to me

Inmitten des uns nun schon seit Monaten umtosenden Meinungssturms auf einen kleinen Kolibri, einen Schmetterling, den Geist Gottes – der nicht sein muss und dennoch ist – lauschen? Und wieder auf den Kolibri?

Cohens Worte erzählen in einer wunderbar poetischen Weise, worum es in unserem Beruf als Waldorflehrer geht. Und außerdem ... doch dazu unten mehr. Wir können ja gar nicht anders, als zu unseren Schülern sprechen. Aber erst, wenn unsere Sprache sich, und damit sie, die Hörenden, auf ein Niveau erhebt, von dem aus sie nicht nur uns, die Sprechenden, hören, sondern darauf lauschen können, wie die Welt zu ihnen spricht, wird aus ihr Begegnung – Begegnung mit der unermesslich lebendigen Vielfalt unserer Erde und Begegnung zwischen uns Menschen.

Wirkliches Lernen ist immer ein Resonanzerlebnis, bei dem viel mehr hin und her schwingt als nackte Information. Das erleben wir gegenwärtig auf vielen Ebenen unseres Seins. Durch die weltweit geltenden Schutzmaßnahmen sammeln wir reichlich Erfahrungen mit Konferenzen, die über Mikrofone, Monitore, Lautsprecher vermittelt werden. Und siehe da: Wir kommen oft viel schneller zu Entscheidungen, was für uns konferenzgestählte Waldorflehrer übrigens eine ebenso bemerkenswerte wie lohnende Entdeckung ist. Aber etwas bleibt dabei auf der Strecke, je länger es dauert: Wir inspirieren uns viel weniger, als das bei »leibhaftigen« Begegnungen möglich ist, wenn wir nicht nur mit dem Kopf, sondern mit unserem ganzen Sein miteinander sprechen und uns zuhören. In den glücklichsten Momenten eines solchen kollegialen Austauschs gelingt es hin und wieder, sogar beim Sprechen zu hören, was oft ganz leise darauf wartet, durch uns zur Wirklichkeit zu werden. Ohne diese reale Präsenz des Werdenden spricht immer nur die Vergangenheit.

So ist es auch mit dem digitalen Lernen. Es ist gut, dass wir dieses Instrument haben, aber es wendet sich eben doch vor allem an die Köpfe der Kinder. Zum Entdecken der Welt in ihrer Vielfalt brauchen sie aber die Gegenwart der Wirklichkeit. So ist es auch, wenn wir versuchen zu ver­stehen, was ein Kind, eine Klasse, eine Schule, eine ganze Zeitepoche wirklich brauchen. Wir müssen hören, was jenseits des Geklappers an Tönen zu uns dringt.

Inmitten all der Fakten, Meinungen, politischen Rankünen und unvermeidlichen Verschwörungsmythen, die alle rufen »hör auf mich!«, wirken Cohens Worte wie die sanfte Berührung einer
viel, viel größeren Welt, die sich noch im Allerkleinsten offenbart als Kraft, als Wirksamkeit, als Möglichkeit. Bleiben Sie gesund!