Liebe Redaktion,
hat schon jemand darauf aufmerksam gemacht, dass das Titelbild der Oktoberausgabe sicherlich gut gemeint, aber eigentlich rassistisch nach heutigem Verständnis ist?
Die junge Frau mit der sympathischen Hautfarbe ist vermutlich in Deutschland geboren, in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen, 12 Jahre zur Waldorfschule gegangen und spricht und schreibt Deutsch wahrscheinlich besser als manche »Deutsche«. Zumindest könnte es so sein.
Hier wird sie aber abgebildet als Vertreterin einer andersartigen Kultur, nur weil sie eine andere Hautfarbe und krause Haare hat. – Oder sollte das Foto etwa nicht so gemeint sein? – Das ist aber genau der Alltagsrassismus, den wir uns gerade in Deutschland abgewöhnen wollen ... Und das in einem Themenheft über Interkulturalität.
Bei mir bleibt der Eindruck, dass es anscheinend einfacher ist, Rudolf Steiner Rassismus vorzuwerfen (siehe erneute Diskussion über die Stuttgarter Erklärung), als sich die eigenen Gewohnheiten bewusst zu machen. (Ich schreibe diesen Satz mit einiger Bitterkeit im Herzen.)
Vielleicht könnte man das missverständliche Titelbild aber auch als Anlass nehmen, die Titelbilder der Erziehungskünste mal unter künstlerischen Gesichtspunkten zu betrachten. Angeblich ist das Künstlerische ja ein Markenzeichen der Waldorfpädagogik.
Diese Anmerkungen sind nur konstruktiv gemeint! Ich habe großen Respekt vor der Leistung, jeden Monat ein prall gefülltes, lebendiges und abwechslungsreiches Heft zu produzieren und erkenne die Leistung von jedem, der daran beteiligt ist, voll an und es liegt mir ferne, irgend jemanden zu kritisieren. Da das Thema aber derzeit so aktuell ist, wollte ich meine Beobachtung nicht für mich behalten.
Mit herzlichen Grüßen
Martin Errenst