Alltagsregeln für einen gesunden Lebensstil
Besonders jungen Eltern fällt es schwer, ihren Kindern Wünsche abzuschlagen und Regeln durchzusetzen. »Ich musste als Kind immer essen, was auf den Tisch kam. Ich will meinen Kindern mehr bieten und versuchen, alles zu ermöglichen, was sie gerne möchten«, so eine Mutter im Rahmen einer Befragung der »Plattform Ernährung und Bewegung« (peb). peb ist eine bundesweite Initiative mit dem Ziel, eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und mehr Bewegung bei Kindern und Jugendlichen zu fördern. Der Fokus der Familienstudie »Junge Eltern« liegt darauf, Lebensstile und Gesundheitsbewusstsein in jungen Familien zu beleuchten und den Einfluss der Familie auf Ernährung und Bewegung insbesondere in der frühen Phase der Kindheit zu untersuchen.
Die Befragung von 330 Eltern mit Kindern im Alter von bis zu drei Jahren zeigt vor allem eines deutlich: Der Alltag von jungen Familien ist immer weniger durch Regeln, Rituale und feste Essenszeiten geprägt. Das Essen wird oft zur Verhandlungssache, bei der zwischen Eltern und Kindern ausgehandelt wird, was, wann wie oft und wie viel gegessen wird. In der Folge können Probleme auftreten, Maß zu halten und Einschränkungen zu akzeptieren. Aussagen wie »Es ist viel zu schwierig, streng zu sein, wenn er mich mit seinen süßen Augen anguckt«, zeigen, wie schwer es den Eltern fällt, konsequent zu sein. Deutlich hat sich aber erwiesen, dass Alltagsroutinen die Grundlage für eine erfolgreiche Gesundheitsbildung sind. Kein oder ein unregelmäßiges Frühstück erhöht nach der jüngsten Familienstudie der AOK 2010 die Wahrscheinlichkeit des kindlichen Übergewichts um das 1,6 fache.
Eltern gehen Konflikten aus dem Weg
Die peb-Studie zeigt auch, dass viele Eltern versuchen, Konflikten aus dem Weg gehen, indem sie mit Medienkonsum und Lebensmitteln außerhalb der Mahlzeiten ihre Kinder ruhig stellen. Jungen Eltern fällt es schwer zu ertragen, dass ihr Kind kurzzeitig unzufrieden ist. So werden Kinder bei jeder kleinsten Unlustäußerung wie Hunger oder Langeweile durch Essen, Trinken oder den Fernseher ruhig gestellt. Das Kind soll immer glücklich und zufrieden sein. Zudem machen die Eltern sich schnell Sorgen, das Kind sei möglicherweise unterversorgt. Auf Wunsch oder auch vorbeugend erhalten viele Kinder daher ständig kleine Häppchen in Form von Keksen, Brötchen, Waffeln oder klein geschnittenem Obst – Essen und Trinken stehen permanent zur Verfügung und »Wartezeiten« zwischen den Mahlzeiten müssen kaum noch überbrückt werden. Im Extremfall entwickeln Kinder kaum noch ein Hungergefühl.
Weit über die Hälfte der Eltern stimmen in der Befragung der Aussage zu, ihrem Kind trotz einigermaßen fest geplanter Mahlzeiten auch zwischen den Mahlzeiten etwas zu essen zu geben, wenn es danach verlangt. Ein Viertel der befragten Eltern gesteht zudem ein, ihrem Kind etwas zu essen oder zu trinken zu geben, um es eine Zeit lang zu beruhigen. Die Mutter einer Tochter erklärt hierzu: »Zu Beginn hat sie mal aus Hunger geschrieen. Dem beuge ich jetzt vor. Zur Not mit Keksen und Waffeln zwischendurch, wenn sie das Essen nicht geschafft hat.«
Die Kinder loszulassen, fällt schwer
Zu einem gesunden Lebensstil gehört nicht nur eine ausgewogene Ernährung, sondern auch ausreichend Bewegung. Kinder, die sich gern und oft bewegen, können Stress besser bewältigen. Bewegung impliziert jedoch Loslassen und Fortbewegung, also eine Lockerung der Bindung, die oftmals von Eltern unbewusst abgelehnt, ja sogar gefürchtet wird. Ein Kind, das sich frei bewegt, wird schneller eigenständig, was viele junge Eltern (zumeist unbewusst) verhindern, da die symbiotische Verbindung zum Kind gefährdet scheint. Zudem ist Bewegung im Sinne von eigenständiger Fort-Bewegung oft angstbesetzt, und Eltern malen sich aus, was schlimmstenfalls passieren könnte. Das Bedürfnis nach Sicherheit ist zumeist stärker als die Einsicht in die gesundheitsfördernde Kraft der kindlichen Bewegung. So werden die Kinder viel zu häufig getragen und folgen damit zu wenig ihrem natürlichen Bewegungsdrang. Fast die Hälfte der befragten Eltern stimmt der Aussage zu, »vor Angst das Kind niemals aus den Augen zu lassen«. Eine Mutter: »Früher musste ich immer wissen, was mein Kind tut, habe es keine Sekunde aus den Augen gelassen, habe es ständig beschäftigt. Mein Mann sagte immer wieder: Lass das Kind doch einfach mal spielen und eigene Impulse entwickeln. Das hat lange gedauert, bis ich das verstanden habe.«
Fazit
Geregelte Tagesabläufe und Routinen wirken sich nicht nur positiv auf das seelische Wohlbefinden von Kindern aus, sondern stärken darüber hinaus die Grundlage für eine erfolgreiche Gesundheitsbildung im Familienalltag und reduzieren das Risiko kindlichen Übergewichts. Regelmäßig gemeinsam in der Familie verbrachte Zeit wirkt sich günstig auf die Gesundheit der Kinder aus und schafft auch für die Erwachsenen positive Familienerlebnisse. Dabei sollte eine gemeinsame Vereinbarung von Regeln im Vordergrund stehen und die Regelsetzung nicht allein aus einem autoritären Erziehungsstil hervorgehen.
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