Am Anfang war eine Frage

Claudia Schewe

Wie wollen wir das gestalten? Was wollen wir überhaupt? Berlin hat eine bunte Start Up-Szene. Lässt sich etwas Neues denken? Die Frage, was wir mit der Tagung erreichen wollen, war und ist der eigentliche Punkt. Unser Ziel war, einen kräftigen Impuls zu setzen – in der Hoffnung, dass er wirkt und sich entfaltet.

Gerald Häfner, Leiter der Sozialwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum, konnten wir für den Vortrag gewinnen und ein Gedanke daraus war für mich besonders bedeutsam: Häfner war schon als Schüler an einem Satz des Grundgesetzes hängen geblieben: »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.« Er erhielt keine befriedigende Antwort von seinem Lehrer auf seine Frage, warum das Volk nicht souverän ist, wenn alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Er verfolgte seine Frage beharrlich weiter. Jahre später entstand daraus die Bürgerbewegung »Mehr Demokratie«.

Man kann mit einer Frage beginnen. Das ist der Anfang. Eine Frage. Mehr nicht.

Es gab Workshops in bewährter Weise: Umgang mit Konflikten. Was lebt an den Schulen? Miteinander reden. Lehrerbildung ... Und es gab eine neue Arbeitsform: Open Space, ein Initiativformat. Über allem steht das Tagungsthema – mehr nicht. Die Gedanken, Fragen und Anliegen dazu sind so vielfältig wie die Menschen im Raum. Aus einem scheinbar kleinen Etwas entsteht etwas. Ein Mensch wird initiativ, formuliert seine Gedanken im Kreis der Anwesenden, schreibt sie auf einen Zettel, heftet ihn an eine Tafel und lädt zum Gespräch ein.

Funktioniert das? Ja, das tut es. Nacheinander standen Menschen auf, um ihre Anliegen vorzutragen. Dabei war eine unglaubliche Kraft im Raum. Positive Spannung, Konzentration, Interesse, Wille, Bereitschaft.

Als alle, die etwas einbringen wollten, zum Zuge gekommen waren, ergab sich für mich der schönste und bewegendste Moment dieser Tagung: Vor den Tafeln mit den Anliegen versammelten sich alle Teilnehmer, um sich zu informieren, zu überlegen und sich für die Gruppen einzutragen. Jeder nach seinem Interesse, in seinem Tempo, in seiner Eigenverantwortung. Ich konnte mich gar nicht satt sehen! Jeder war aktiv!

Worum ging es? Um die Entwicklung des eigenen Ich – einen Prozess, der niemals abgeschlossen sein kann. Um die Frage nach der eigenen Identität. Wo verorte ich mich? Wo gehöre ich dazu? Wer bin ich? Wer will ich sein? Ein Ich lässt sich nicht allein denken – es braucht immer die Gemeinschaft, das Wir.

Das angebotene Themenspektrum war riesig. Es reichte vom interkulturellen Lernen bis zu Flüchtlingen, vom Spanischunterricht bis zum Schüleraustausch, von internationalen Abschlüssen bis zur Inklusion, vom Image der Waldorfschulen bis zur Religion, von Bildungsstandards bis zu den Medien. Jede Gruppe erstellte ein Protokoll. Das ist der Anknüpfungspunkt! Von hier aus kann es weitergehen. Und das ist es, was ich mir wünsche!

Viele Teilnehmer am Open Space waren positiv überrascht, sie fanden, dass das Initiativprinzip gut zu Waldorfschulen passt.

Hinweis: Die nächste Bundes-Eltern-Rats-Tagung findet vom 19. bis 21. Februar 2017 in Überlingen zum Thema Kommunikation statt. Es sind nicht nur Eltern, sondern auch Oberstufenschüler und Lehrer herzlich willkommen!

www.bundeselternratstagung.de