Wie Phönix aus der Asche

Griet Hellinckx

In der Nacht zum 25. Januar zündeten Unbekannte auf dem Annener Berg in Witten die Holzpavillons des Instituts für Waldorf-Pädagogik an. Eine Woche später hätten Flüchtlingsfamilien aus Syrien und dem Irak einziehen sollen. Nun war innerhalb weniger Stunden alles in Rauch aufgegangen. Die Betroffenheit war groß.

Nach dem Brand kam sofort eine Welle der Anteilnahme und spontaner Hilfsbereitschaft in Gang. Helmut Kunstmann vom Help-Kiosk Witten schlug dem Kollegium vor, »zusammen mit der ganzen Stadt« ein neues Gebäude zu errichten. In kurzer Zeit entstand ein breites Bündnis. Drei Architekten erklärten sich bereit, bis zum Bauantrag ehrenamtlich einen Entwurf auszuarbeiten. Eine technisch einfache Bauweise soll viel Eigenleistung ermöglichen. Flüchtlinge, Studierende der Lehrerausbildung und der Uni Witten-Herdecke, Ehemalige mit ihren Klassen, örtliche Handwerker und Arbeitslose, Nachbarn und andere engagierte Mitbürger möchten sich aktiv einbringen.

Bei der Planung reifte die Idee, einen Ort zu schaffen, wo Menschen, die geflüchtet sind, zusammen mit Studierenden wohnen und leben können. Zusätzliche Gästezimmer könnten gemeinsam bewirtschaftet werden. Dazu muss geklärt werden, was rechtlich möglich ist und wer Träger sein kann, so dass langfristig gewährleistet ist, dass Kulturaustausch und Begegnung dort verwirklicht werden. Spenden werden über den gemeinnützigen Verein des Help-Kiosks akquiriert. Eine Planungsgruppe von etwa zehn Menschen begleitet den Prozess. Die Nachbarn und interessierten Bürger werden in einem monatlichen Sonntagmorgentreffen auf dem Laufenden gehalten. In der Hausversammlung, bei der sich alle Studierenden und Mitarbeiter treffen, wird ebenfalls regelmäßig berichtet.

Es gibt mehrere Initiativen und Veranstaltungen, Mitarbeiter des Instituts haben für das kommende Studienjahr ein Kurs- und Fortbildungsangebot zusammengestellt, das sich mit Deutsch als Zielsprache sowie mit Fragen der Interkulturalität beschäftigt. Die 9. Klasse der Nachbarschule hat mit verkohltem Holz aus der Bauruine Bilder zum Thema Flüchtlinge gezeichnet und diese beim Frühlingsfest der Schule versteigert. Studierende haben einen Flohmarkt ins Leben gerufen.

Im »Unikat«, dem Club der Uni, gab es einen Bierabend mit Live-Musik. Eine örtliche Firma überprüft, welche Bäume durch den Brand nicht mehr stehen bleiben können. Sie wird sie bei Bedarf kostenlos entfernen. Markus Wentz produziert einen Song, dessen Vermarktung dem Verein zugute kommt. Andrea Lötscher, Ethnologin und Dokumentarfilmerin, hält den Prozess in bewegten Bildern fest. Anlässlich der Veröffentlichung seines Buches »Mein Isl@m« wurde aus einem Vortrag des kanadisch-sudanesischen Bloggers Amir Nasr eine Benefizveranstaltung. Jemand in Berlin spendete die  Einnahmen eines Yogakurses, Christel Humme vom örtlichen »Lions Club Rebecca Hanf« ist gekommen. Die Damen dieses Vereins wurden hellhörig, als sie von dem Projekt erfuhren, denn der Club trägt den Namen einer Wittener Jüdin, die in Auschwitz ermordet wurde.

Die Projektgruppe in Witten hat beschlossen, sich »Phönix aus der Asche« zu nennen, denn für sie wurde erlebbar, was möglich ist, wenn eine Gemeinschaft von Menschen sich öffnet, Mitgefühl und Mut entsteht und Neues keimen und wachsen kann.

Zur Autorin: Griet Hellinckx ist Dozentin am Institut für Waldorfpädagogik in Witten-Annen.

bauhuette-witten.de

www.mondrosen.com

Spendenkonto: Help-Kiosk für Bauhütte Witten, IBAN: DE 18 452 500 350 000 708 511