Keine Hängepartie mit Hängematten

Christiane Henrion, Anette Flemming

Jeder Schüler sollte eine Hängematte fertigen – das war eine Herausforderung – auch für die Lehrerin, die zu diesem Thema extra eine Fortbildung besucht hatte. Die Hängematte wird nach Art eines Fischernetzes geknotet. Die 36 Spezialknoten in der Anfangsreihe werden in etwa 42 Reihen wiederholt. Dieses Netz wird an den Enden mit selbstgedrehten Seilen und jeweils einem Metallring verbunden. Zur Stabilisierung wird an den langen Außenrändern jeweils ein Seil verflochten und an den Enden festgeknotet. Kreuzknoten und Palstek müssen erlernt werden. Die Seile werden eine Daumenbreite vom Knoten entfernt mit dünnem Baumwollgarn umwickelt, dann gekürzt und verklebt.

Alle Jugendlichen, bis auf eine Ausnahme, freuten sich riesig auf ihre Hängematte. Nach der anfänglichen Euphorie trat für so manchen begeisterten Schüler erst einmal eine rasche Ernüchterung ein, die sich aus dem hohen eigenen Anspruch und der langwierigen Arbeit des Knotenknüpfens ergab. Ein tiefes Tal des Unmutes musste durchschritten werden, mit dem Gefühl überfordert zu sein und die Arbeit sicher nie beenden zu können. Neben wenigen Schülern, die nur mit Mühe weiterkamen und für die alle Augen zugedrückt wurden, gab es unterschiedlichste Freudensäußerungen im Hinblick auf die Fertigstellung der Arbeit. Diese reichten von einem Staunen über Freudenschreie bis zur der konzentrierten, stillen Fertigstellung des Objektes durch besonders emsige Schüler. Die Schülerin Clara brachte die Idee mit den farbigen Verzierungen in die Gruppe ein und inspirierte damit viele Klassenkameraden. Mit eigenen Ideen verfeinerten sie zuletzt noch das Aussehen der Matten, die dann von der gesamten Loheland-Schulgemeinschaft bewundert wurde.

Schließlich kam die Liegeprobe – ein Schlüsselerlebnis für die Schüler. Der Schüler, der anfänglich keine Hängematte knoten wollte, lag die meiste Zeit der Präsentation in seinem vollendeten Werk. Und Michel sagte, als er in seiner eigenen Hängematte lag: »Ich hätte nicht gedacht, dass es sich lohnt. Doch jetzt, wenn ich in meiner Hängematte liege, ist es ein tolles Gefühl, sie selber gemacht zu haben.«

Zu den Autorinnen: Christiane Henrion ist Handarbeitslehrerin an der Rudolf-Steiner-Schule Loheland in Künzell. Anette Flemming ist Klassenlehrerin an der Rudolf-Steiner-Schule Loheland tätig; zu ihren Arbeitsfeldern gehören auch die Fächer Körper und Bewegung sowie die Zirkus-AG.