»Wir sind erstaunt, dass das Gericht wesentliche Aussagen aus dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) von 2010 zum Prozess nicht berücksichtigt«, kommentiert Albrecht Hüttig, Vertreter der Rudolf-Steiner-Schule Nürtingen und Vorstand im Bund der Freien Waldorfschulen, die Entscheidung.
Im damaligen Urteil des VGH, welches das Bundesverwaltungsgericht 2011 aufgehoben und zurückverwiesen hatte, wurde eine Summe von 70 Euro Schulgeld als angemessen bezeichnet und ein staatlicher Ausgleich für geringverdienende Eltern als notwendig und rechtlich begründet angesehen.
Das Verwaltungsgericht übergeht in seinem aktuellen Urteil diesen umstrittenen Punkt und hält die Regelung des Schulgeldes durch ein einkommensbezogenes Staffelmodell für zulässig. Des Weiteren unterscheidet das Gericht zwischen laufenden und Investitionskosten, wobei letztere vom Gericht ausgeblendet werden (ca. 36 Euro pro Schüler und Monat). Hierbei wird zum Beispiel nicht berücksichtigt, dass die Waldorfschulen ihre Lehrkräfte selbst ausbilden – die Lehrerbildung wird vom Bruttokostenmodell nicht erfasst. »Eine durchschnittliche Schulgeldhöhe von 150 Euro pro Schüler ist sozialpolitisch eine Katastrophe«, so Hüttig. »Auch die vom Gericht gerechtfertigte, geringere Bezahlung der Lehrkräfte ist untragbar.« Ebenfalls sei die Aussage, Waldorflehrer seien schlechter qualifiziert, inhaltlich falsch.
Fraglich bleibt für die Waldorfschulen vor allem, ob die Staffellung des Schulgeldes nach Elterneinkommen überhaupt umsetzbar ist, da für jeden Schüler eines geringverdienenden Elternhauses ein Schüler besserverdienender Eltern die Schule besuchen muss. In einkommensschwachen Gebieten ist dies nahezu undenkbar. Wesentlich ist die Höhe des durchschnittlichen Schulgeldes, und dieses ist wegen zu geringer Landeszuschüsse zu hoch. Derzeit wird geprüft, ob weitere Schritte gegen das Urteil eingeleitet werden können.