Wie kommt es zu dem doch erstaunlichen Umstand, dass auch dieses Symposion von den Teilnehmern ähnlich gut wie in den Jahren zuvor, ja vielleicht sogar noch besser erlebt und beurteilt wurde? Denn es ist keine Selbstverständlichkeit, sich über Himmelfahrt an einem wohl für viele Teilnehmer freien verlängerten Wochenende in eine recht abgelegene, wenngleich schöne Ecke Deutschlands (Kloster Seeon nahe beim Chiemsee) zu einer arbeitsintensiven Tagung auf den Weg zu machen.
Das kalte und verregnete Wetter war diesmal sicherlich nicht dafür ausschlaggebend. Es ist vielmehr den ausrichtenden Entwicklungsbegleitern der Akademie zu verdanken, die es wieder geschafft haben, einen sehr gut gestalteten Ablauf der Tagung auf den Weg zu bringen, den Teilnehmern vergangener Symposien durchaus gewohnt, aber auch dieses Mal wieder aufs Neue als stimmig, belebend wie auch weitend erfahren: Impulsvorträge mit Basisinformationen (auch in Form von Dialogen), Sketche, Einzel-, Gruppen-, Plenumsarbeiten, die den Raum zu offenem und geführtem Austausch boten, stets mit der Möglichkeit verbunden, die Expertise der Entwicklungsbegleiter mitnutzen zu können.
Diese komponierte Methodenvielfalt mit wechselnden Verantwortlichen ist – so wird es einem im Nachklang deutlich – nicht nur ein Mittel, eine Tagung erfrischender zu gestalten, sondern – so gut angewandt wie hier – eine Weise, in der sich Menschen auf Augenhöhe gewinnbringend begegnen und Gemeinsames erfolgreich entwickeln können. Also das, was mit Selbstverwaltung an Waldorfschulen intendiert ist. So war jedes Symposion und dieses zumal neben dem Arbeiten an einem konkreten, zentralen Thema der Selbstverwaltung auch eine allgemeine Einführung und Übung eben dieser, im Verbund mit anderen Schulen – sicherlich eine Zukunftsform.
In diesem Jahr kamen 51 Teilnehmer aus 29 Schulen, etwas weniger als in den Jahren zuvor, aber vielleicht dafür noch engagierter. Diese Steigerung mag damit zusammenhängen, dass der 2. Tag hauptsächlich aus einer gemeinsamen Arbeit aller am Thema bestand. In der Form des open-space, in einzelnen Arbeitsgruppen, stellten einzelne Schulen (Gröbenzell, Salzburg, Ulm-Römerstraße, Würzburg) ihre Art und Weise vor, wie sie versuchen, neue Kollegen gut einzuarbeiten.
Diese Erfahrungen und Konzepte wurden in einem z.T. geführten Austausch befragt, weiterentwickelt etc. In anderen Arbeitsgruppen konnten Teilnehmer bzw. Schulen ihre spezifischen Fragen thematisieren und erste Antworten finden. Sich gegenseitig anregen, Kontakte knüpfen, Netzwerke bilden bzw. ausbauen (etwa zwischen den teilnehmenden bayerischen Schulen), best-practice-Modelle kennenlernen: dieser auf dem Symposion so fruchtbare Austausch wäre nicht so einfach geglückt – und das haben alle Teilnehmer am Ende dankbar bemerkt – wenn nicht der Boden zuvor in so guter Art von den Veranstaltenden bereitet gewesen wäre.
Als einziger Mangel wurden von einigen Teilnehmern die zu wenig ausführlichen schriftlichen Unterlagen zum Ablauf der Einarbeitung, zu den spezifischen Aufgaben und Rollen dabei angemerkt. So kann man nur hoffen, dass der Bund der Freien Waldorfschulen hierzu bald Material den einzelnen Schulen zur Verfügung stellen wird. Denn auf dem Symposion wurde mehr als deutlich und bewusst, dass die Einarbeitung neuer Kollegen in die waldorfpädagogische Lehrertätigkeit zu den kommenden zentralen Aufgaben der Waldorfbewegung gehört.
Am Ende des Symposions wurde als Feed-back geäußert »ich lerne und lerne, das begeistert mich«. Das gemeinsame und doch so individuelle Lernen ist Grundlage allen Unterrichtens im Sinne der Waldorfpädagogik – wie kann das anders gelten für die Einarbeitung neuer Kollegen?
Das nächste Symposion wird vom 13.-15. Mai 2015 im Kloster Seeon stattfinden.
Dr. Ingo Christians ist Mathematiklehrer an der Freien Waldorfschule Wolfratshausen, Ausbildungsbeauftragter der LAG Bayern für Südbayern.