Nach dem großen Erfolg des ersten Symposions zum Thema »Wirklichkeit« ging es nun in die zweite Runde. Und das Konzept der Veranstalter geht auf: Hier kommen Schüler zusammen, die sich über den Schulrahmen hinaus gesellschaftlich, politisch und wissenschaftlich denkend engagieren. Dieser Anspruch machte möglich, woran es an mancher Schule mangelt: ein Dialog auf hohem Niveau und von beachtlicher Qualität. Faktenreich, mit Verve und Standhaftigkeit wurde vier Tage lang argumentiert. Nicht intellektuelle Gedankenkälte, sondern die Freude daran, Gedanken bis an die Grenzen des Horizonts auszuloten, beherrschte die Arbeitsatmosphäre. Gedankenspiele benötigen besondere Räume, Räume, in denen Zu- und Widerspruch nicht mit Sympathie und Antipathie verwechselt wird, Räume, in denen immer weiter nachgefragt, Grundlagen entzogen und wieder neu gebaut werden können. Das bedarf eines Gegenübers, das zuhört und unermüdlich die Aussagen auf Stichhaltigkeit prüft. Was im Unterricht immer wieder mit der Pausenklingel abbricht, fand auch hier keine letzten Antworten, aber die Teilnehmer hatten Platz für ihre Gedanken. Das Wort »egal« war vier Tage lang nicht zu hören. Und was Silja Graupe eingangs feststellte, trifft tatsächlich zu: Die klassischen Wirtschaftswissenschaften fragen nicht danach, was Geld ist, offenbar spart seine Alltäglichkeit und Allgegenwart diese Frage aus. Doch genau das will sie ändern und erläuterte, was Geld sein könnte und wie es uns in Beziehung setzt zu Gütern, zu anderen Menschen und zu Ideen. Ihr folgte eine Analyse der gegenwärtigen Finanzkrise durch den ZEIT-Korrespondenten Mark Schieritz, der Einblicke in internationale Beziehungen und Wechselwirkungen sowie daraus entstehende Problematiken gab. Beispiele aus der Praxis wurden durch den GTZ Finanzexperten der Grünen, Thomas Losse-Müller, vorgestellt, Schwerpunkt Mikrokredite. Die politischen Dimensionen von Geld und Geldmarkt konnten die Schüler mit dem ehemaligen Bundesfinanzminister Hans Eichel erörtern. Passend zu der Vorstellung der GLS-Bank beschäftigte sich Harald Spehl in seinem Vortrag mit den Aufgaben des Geldes in Finanz- und Realwirtschaft und Christian Felber, Sprecher von ATTAC Österreich, skizzierte eine Vision ethischen Wirtschaftens und demokratischen Bankings. Dieses Angebot des Kassler Lehrerseminars gehört zweifellos mit zu dem spannendsten, was die Waldorfbewegung zur Zeit ihren Schülern zu bieten hat.
Das nächste Symposion findet vom 9.–12. Dezember 2010 statt. Bewerbungen bis 15. Oktober 2010, www.jugendsymposion.de
Zum Autor: Valentin Hacken ist Schüler der FWS Offenburg und Vorstandsmitglied der WaldorfSV