Das Eichhörnchen- und Waldsaatprojekt

Helga Scholz

Im Herbst oder Frühwinter nach dem ersten Samenfall wandern wir mit bis zu fünfzig Kindern aus den Klassen 2, 3 oder 4 sowie vier bis fünf Begleitpersonen in den Wald und suchen uns einen lichten Altholzbestand mit Buchen und Eichen. Alle Schüler sind ausgerüstet mit einem Proviant­rucksack, einem Eimerchen und einem selbst geschnitzten Pflanzstock. Bewährt haben sich gerade, angespitzte Pflanzstöcke von sechzig bis achtzig Zentimeter Länge, drei bis vier Zentimeter Durchmesser und eventuell einem Querholz.

Dort werden nach der Begrüßung in einer kurzen Runde noch einmal die Lebensweise, Fortbewegung, Vermehrung, Feinde und Ernährung des Eichhörnchens besprochen.

Anschließend wird dieses Wissen nachgespielt. Die Kinder werden zu Eichhörnchen und vier Begleitpersonen zu Baummarder, Steinmarder, Wildkatze und Habicht ernannt. Nun müssen die Kinder innerhalb von zwei bis drei Minuten jeweils sechs ausgeteilte Kastanien, Eicheln oder Nüsse verstecken. Dabei versuchen die »hungrigen Beutegreifer« (Eltern) die »Eichhörnchen« zu fangen, das heißt, in den Arm zu nehmen.

Den Kindern werden ein paar Sekunden Vorsprung eingeräumt. Die gefangenen Kinder sammeln sich bei einer Lehrerin und nehmen nur noch als Beobachter an dem Spiel teil. In der zweiten Spielphase versuchen nun die übrig gebliebenen Kinder wieder innerhalb von zwei bis drei Minuten und erneut stark bedrängt von ihren »Fressfeinden«, ihre versteckten Kastanien, Eicheln oder Nüsse wiederzufinden. Im Schnitt wird etwa die Hälfte aller Kinder gefangen. Die meisten ihrer versteckten Samen finden sie wieder. Das ist nicht der Fall, wenn man den Kindern die Anweisung gibt, die Samen einzeln zu verstecken. Die versteckten Baumsamen der gefangenen Kinder bleiben im Wald liegen, so dass dort vielleicht nächstes Jahr kleine Kastanien, Eichen oder Nussbäume wachsen werden.

Nach dem Spiel wird mit den Kindern besprochen, dass die Verluste durch Fressfeinde in der Natur noch wesentlich höher sind oder dass die Eichhörnchen verhungern können, wenn sie ihre Vorräte nicht wieder finden.

Aber sie erkennen gleichzeitig auch, dass durch das Vergessen der Samen im Wald plötzlich andere Baumarten wachsen können, die vorher nicht da waren. So motiviert füllen die Schüler nun für die eigentliche Aktion in den nächsten dreißig bis fünfundvierzig Minuten ihre Eimerchen mit Bucheckern, Eicheln oder anderen vorhandenen Baum­­samen. Nach einem ausgiebigen Picknick im Wald wandern (oder fahren) wir weiter zu einem reinen Nadelholzbestand, in unserem Fall einen durch den Orkan »Kyrill« angerissenen Fichtenbestand, und säen mit Hilfe der Pflanzstöcke unsere gesammelten Waldfrüchte einzeln in den Mineralboden.

Im nächsten Jahr werden die Laubholz­samen in dem Nadelholzwald keimen und wachsen. Ökologisches Ziel ist es, einen nachhaltigen, mehrstufigen Mischbestand zu erziehen, der sich durch Artenvielfalt und Stabilität auszeichnet. Das kann man den Schülern auch schon kindgerecht nahe bringen. Im Laufe ihrer nächsten Schuljahre können die Kinder immer wieder mal einen kleinen Ausflug machen und sehen, wie im Wald nach und nach wächst, was sie als »Eichhörnchen« vergraben haben.

Hier noch einige praktische Tipps zur Durchführung:

  • Die Kinder sollten zu zweit pflanzen, einer bohrt die Löcher, der andere legt die Buchecker oder Eichel hinein. Die gesammelten Waldfrüchte übernehmen die Begleitpersonen und verteilen sie bei Bedarf an die Kinder.
  • Es ist gut einen Biologielehrer, einen Förster oder naturkundlich Erfahrenen dabei zu haben, denn die Schüler suchen, finden, hören, riechen und fragen vor allem ununterbrochen. So eine Begeisterung sollte man nicht bremsen und den Wissensdurst nach Möglichkeit kindgerecht stillen.

Am Ende der Unternehmung haben die Kinder nicht nur viel Spaß gehabt und eine Menge über den Wald gelernt, sondern alle Beteiligten haben das Gefühl, etwas Gutes für unsere Umwelt getan zu haben.

Link: www.waldsaat.org