Schon länger ist bekannt, dass Hunde am Atem oder am Urin von Menschen unterschiedliche Tumorarten früh und sicher erschnüffeln können. Mit ihrer extrem empfindlichen Nase erkennen sie ein einziges Duftmolekül unter einer Billion anderer Moleküle. In der Wissenschaft gibt es bisher keine Analysemethode, die derart leistungsstark ist, um eine Hundenase in absehbarer Zeit elektronisch zu ersetzten. Doch gibt es Fortschritte zu vermelden. Wolfgang Schröder war von Anfang an klar, dass es starke und für Hunde interessante Gerüche sein müssen, die Tumore aussenden: »Sonst würden die Tiere nicht so auffällig reagieren, wie sie es tun.«
Seit zehn Jahren versucht der TUHH-Wissenschaftler, den für Hunde stark riechenden Krebs-Duftmarkern auf die Spur zu kommen. Wahrlich kein Kinderspiel, enthält die Atemluft eines Menschen doch weit über tausend verschiedene Stoffe, die es zu analysieren und zu bewerten gilt. Mithilfe von Proben aus der Uni-Klinik Kiel analysierte der Chemiker in den vergangenen Jahren hunderte Atem-Proben von Patienten mit unterschiedlichsten Krankheiten. Auch Krebs war dabei. Zwar konnten geruchsaktive Stoffe nachgewiesen werden; ein signifikanter Unterschied speziell der Krebskranken im Vergleich zum Atem Gesunder ließ sich jedoch nicht feststellen. Ein ausführliches Literatur-Studium der Vielzahl an aktuellen Publikationen über den Chemismus im Krebs brachte Schröder schließlich auf eine heiße Fährte.
Aber erst die Zusammenarbeit mit den Spürhundtrainern Uwe Friedrich und Nicole Klee vom TeamCanin in Süddeutschland ergab den Durchbruch. Ein Hund wurde auf die synthetische Mischung der als Krebsmarker verdächtigten Substanzen trainiert. Dazu wurden extrem geringe Geruchsstoffmengen, abgegeben von einem Diffusionsröhrchen, eingesetzt. Der Hund konnte nach wochenlangem und fast täglichem Training die Stoffe sicher zwischen »unverdächtig« riechenden Mischungen herausfinden. Dann war es soweit: Ohne scheinbar irgendetwas zu ändern, hatte der Hund plötzlich fünf menschliche Lebergewebeproben und einen Lebertumor in den verdeckten Schnüffelboxen. Ohne zu zögern wurde die Krebsprobe angezeigt, obwohl der Hund – außer den Markern von Schröder – noch nie Krebs gerochen hatte. Auch weitere Experimente dieser Art, diesmal mit für alle direkt Beteiligten anonymisierten Probenreihen, bestätigten das Resultat.
Derzeit arbeitet Schröder an der Frage, ob das Ergebnis mit anderen Krebstumorarten genauso eindeutig ausfällt, wie bei Lebertumoren. Erneut sind die Hunde gefragt. Letztlich sollte es irgendwann möglich sein, Krebs mit künstlichen Geruchsdetektoren aufzuspüren. »Hier sind noch viele und sicher sehr interessante Aufgaben zu meistern« freut sich Schröder.
Link: http://www.tuhh.de/mt/mitarbeiter/oberingenieur/wolfgang-schroeder.html