Wenn Eduardo Jenaro von seinem Unterricht sagt, dass ihm am Anfang »der künstlerisch-pädagogische Mut fehlte«, dann ist diese Selbsterkenntnis durchaus positiv zu sehen. Wenn er aber sein Defizit der Eurythmie zuschreibt und dieser Kunst Stagnation unterstellt, ist das unlogisch.
Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen tauchen immer wieder unsachgerechte Verknüpfungen auf, in denen Jenaro die Methode des Unterrichtens mit dem Impuls der Eurythmie als Kunst gleichsetzt. Ein Schneider, der nicht gut nähen kann, schimpft auf den Stoff. Ein ungeschickter Handwerker schimpft immer auf das Handwerkszeug.
»Von braven Bewegungen der Buchstaben« zu sprechen, wird dem spirituellen Ansatz der Eurythmie so gerecht wie eine schlechte Verpackung ihrem Inhalt. Buchstaben hört man nicht, Laute aber sehr wohl.
In seinem Aufsatz stürzt Jenaro in den von ihm selbst gegrabenen Abgrund: »Eine Eurythmie für die Jugend ist erst dann sinnvoll, wenn die allgemeinen Bewegungselemente der Eurythmie im künstlerischen Sinne ›zerschlagen‹ werden, um eine Neuschöpfung, einen noch nie da gewesenen Ausdruck hervorzubringen.« Er löst die Eurythmie gedanklich von ihrem Quellort – nämlich aus ihrem Zusammenhang mit der Sprache. Er meint, einen neuen Eurythmie-Leib entdecken zu können. So missachtet er die von Steiner gelegte Grundlage: die ätherischen Bewegungen der Sprache, die am Leib sichtbar und fühlbar gemacht werden. Gewiss kann jeder, der intensiv eurythmisch übt, die Strömungen, von denen Jenaro spricht, als ätherische wahrnehmen und sie in der Gestalt einzelner Laute ganz konkret erleben. Man kann sie aber auch zerschlagen oder in der Pose festhalten.
Rudolf Steiner hat uns die Methode gezeigt, durch die wir mit Zug, Druck und einem Teil unserer beweglichen Hülle – den Schleiern – umgehen können, wenn wir im eurythmischen Feld forschend, übend und erziehend arbeiten. Das sind die grundlegenden eurythmischen »Handwerkszeuge« von Bewegung, Gefühl und Charakter, die je nach Thema, nach Lebensalter, nach Therapie eingesetzt und verstärkt werden.
Eduardo Jenaros sogenannte Jugendeurythmie benutzt einseitig den Rat Rudolf Steiners, im Jugendalter den Charakter der Bewegung, das Leibesgefühl, die Muskelspannung einzusetzen. Dass dies schwierig zu handhaben ist, lässt sich daran erkennen, dass die Bewegung schnell zur Pose oder Pantomime werden kann, wie dies gelegentlich zu beobachten ist. Dabei bleiben der Bewegungsfluss und ein objektiv gestaltetes Gefühl auf der Strecke.
Die Eurythmie selbst stagniert so wenig, wie ein lebendiges Wesen stagniert. Sie bietet nach wie vor ein unerschöpflicher Quell, aus dem man schöpfen kann.