Dreierlei

Mathias Maurer

Der Mensch ist so konstituiert, dass er in einem dynamischen Kräfte­verhältnis von Leib, Seele und Geist steht, deren »Bedürfnisse« durchaus unterschiedlich sind und sich in ständigen Ausgleichsbewegungen befinden.

Wir kennen alle die vielzitierten Worte von Johann Heinrich Pestalozzi: Lernen mit Kopf, Herz und Hand. Wir lernen nicht nur intellektuell als denkende, sondern auch als handelnde und fühlende Wesen. Der ganze Mensch will ganzheitlich angesprochen sein. Geschieht dies nicht, gerät er in Schieflage. Er denkt zwar richtig, handelt aber falsch, er ergreift nicht seinen Willen. Oder er handelt anders, als er fühlt. Oder seine Gefühle bestimmen sein Denken und so weiter. Diese Diskrepanzen kann jeder leicht an sich oder anderen beobachten.

Alle Tätigkeitsformen unseres Daseins finden in unserem Denken, Fühlen und Wollen statt. Ihre physische Grundlage haben sie polar im Nerven-Sinnes- und Stoffwechsel-Gliedmaßen-System, die durch das Rhythmische System vermittelt werden. Auch die soziale Welt – so sie harmonisch gestaltet werden soll –, hat sich an diesem menschlichen Urmaß zu orientieren. Geschieht dies nicht, gerät auch eine Gesellschaft in Schieflage: Wenn das Kulturleben und Bildungswesen unter die Knechtschaft von Staat oder Wirtschaft geraten, wenn das Geistesleben das Wirtschaftsleben ideologisch überformt oder das Rechtssystem das Geistesleben vergewaltigt.

Es ist Rudolf Steiners großes Verdienst diese Struktur- und Funktionsprinzipien für Mensch und Gesellschaft herausgearbeitet, dargestellt und für die Pädagogik fruchtbar gemacht zu haben. Jedes »System« folgt seine eigenen Funktionsprinzipien und ist doch auf die Zusammenarbeit mit anderen »Systemen« angewiesen, um den Gesamtorganismus gesund zu erhalten. »Menschlich« betrachtet: Jedes Denken muss von Gefühl und Wille durchdrungen sein, jedes Fühlen gedanklich zugänglich gemacht und willens­haft erfasst, jedes – meist unbewusste – Wollen ins Bewusstsein gehoben und gefühlt werden.

»Sozial« betrachtet: Alles Wirtschaften muss auf seine Brüderlichkeit, alles Kulturelle auf seinen wirklichen Freiheitsgrad, jedes Gesetz auf seine Gerechtigkeit überprüft werden.

Geraten die menschlichen Seelenkräfte durcheinander, steht der Mensch in Gefahr, das »zum Leben notwendige Allgemeinmenschliche« (Steiner) zu verlieren, drohen Gefühlsschwelgerei (Fühlen), kaltes, liebloses Weisheitsstreben (Denken) und Gewaltmenschentum (Wollen) – Kräfte, die in ihren Extremen zerstörerisch auf die Gemeinschaft wirken.