Nur der Mensch macht Sinn

Mathias Maurer

Im antiken Theater erschien er wie aus dem Nichts, befreite uns aus dem heillos verworrenen Netz unserer Abhängigkeiten und Nöte, lenkte unser Schicksal in überschaubare und geregelte Bahnen. Und heute nicht minder: Stellen Sie sich einen Tag ohne Maschine vor: Ein Wecker veranlasst uns aufzustehen, das Duschwasser erhitzt ein Brenner, eine Maschine brüht uns den Kaffee, dem Kühlschrank verdanken wir kalte Milch, dem Toaster das geröstete Brot, dem Herd vielleicht noch ein paar Spiegeleier. Den Transport übernimmt Straßenbahn oder Auto und der Tag beginnt. Nicht zu vergessen, dass unser Smartphone Gesundheitszustand, Termine und Likes und guten Ratschlägen gemeldet hat.Wir sind echte Nutzer, denn der Nutzen jeder Maschine liegt nicht beim Benutzer. Unser Bewusstsein durchdringt, wenn überhaupt, nur einen Bruchteil dessen, was in diesen allgegenwärtigen Helferchen und Maschinen geschieht. Diese bequeme und rasche Hilfeleistung kann nicht nur Diktat und Scheinwelt, sondern im Extrem die Preisgabe unserer autonomen Menschlichkeit bedeuten. Albert Einstein sah diese Gefahr auf uns zukommen: »Zähmen sollen sich die Menschen, die sich gedankenlos der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen und nicht mehr davon geistig erfasst haben als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst.« Die zunehmende Verschmelzung von Mensch und Maschine bis in die Erfassung und Steuerung unserer Gefühle und Gedanken hinein wird von den größten Firmen der Welt mit Macht und unendlichen Geldsummen vorangetrieben. Ihr Kapital sind die gesammelten Daten und deren Vermarktung. Um Mensch und Maschine zukünftig voneinander unterscheiden zu können, muss der Mensch sich von einer gewaltigen Sinnestäuschung befreien lernen. Dass eine Maschine, und sei es ein noch so ausgefeilter Logarithmus, ihm sagt, was er zu fühlen, zu denken und zu tun hat. Die Welt lässt sich ohne Sinne nicht erfahren. Denn die Maschine verneint als »Handlangerin und Stellvertreterin unserer Sinne, den Sinn unserer Existenz, den wir nur in Ausübung unserer Sinnlichkeiten erfassen können« (Tibor Déry).