Nicht allein wegen des Jubiläums, sondern auch aufgrund der nach weniger als 30 Jahren völlig geänderten Welt- und Gesellschaftslage lohnt sich ein frischer und unbefangener Blick auf Marx. Das fand auch Wolfgang Korn, der den Lesern schon durch frühere Veröffentlichungen bekannt sein mag. Er hat ein fundiertes und doch kurzweiliges, deutlich an junge Leser gerichtetes Buch über ihn vorgelegt.
Beschränkt auf das Wesentliche beschreibt Korn den Lebensweg von Marx, gibt ein farbiges Bild auch der zeitgeschichtlichen Umstände (Industrialisierung, Revolutionsjahr 1848, Marx’ langjähriger Wohnort London als »unhygienischster Ort Europas«) und arbeitet die zentralen Fragen und Probleme des von Technik geprägten Zeitalters heraus. Dabei hat Korn die notwendige Wärme für seinen Protagonisten, gleichwohl ausreichenden Abstand, um die zunehmende Spannung zu zeigen, in der Marx’ Lehre und sein Leben zueinander standen.
Korn verpflichtet sich auf einen Gegenwartsbezug und wird diesem Anspruch vor allem durch wiederholte Einschaltungen zu allgemeinen Themen – Geschichtsphilosophie, Geldschöpfung, Anarchismus, Neoliberalismus – vollauf gerecht, die anschaulich dargestellt sind und nicht zuletzt begriffliches Rüstzeug zum Erfassen der aufgezeigten Probleme vermitteln. Auch einzelne prägnante Marx-Zitate sind herausgehoben. – Dem Lebensbild folgt abschließend eine Wirkungsgeschichte der Marxschen Anstöße und Ideen.
In der Darstellung Korns begegnet uns in Karl Marx ein radikaler Denker, dessen Verdienst vor allem darin besteht, den Finger in die richtigen Wunden gelegt zu haben: das Ungesunde der Entfremdung der Menschen von ihrer Arbeit und von der Arbeit anderer sowie die Abwertung der menschlichen Arbeit zur Ware. Diese Krankheiten sind ja bis heute nicht ansatzweise geheilt. – Ein lesenswertes Buch!
Wolfgang Korn: Karl Marx: Ein radikaler Denker, geb., 256 S., EUR 19,–, Hanser Verlag, München 2018