Es gibt mehrere Gesichtspunkte, die Lebensläufe völlig verschiedener Menschen in einen Zusammenhang zu bringen: Sie mögen in derselben Epoche gelebt, an einem bedeutenden Zeitereignis gemeinsam mitgewirkt, dasselbe Forschungsgebiet bearbeitet oder ein gemeinsames Lebensmotiv gehabt haben.
Einen ungewöhnlichen und originellen Angang, um elf Kurzbiographien durch einen leitenden Gesichtspunkt zu verbinden, hat der Journalist Wolfgang Korn gewählt: Menschen, die über fünf Jahrhunderte verteilt gelebt haben, und allesamt unbequem waren!
»Bequem ist alles, was keine oder wenig Kraft erfordert«, schreibt der Autor in seiner Einführung, »Unbequeme hingegen zeigen die geheimen Wirkkräfte einer Gesellschaft […] Im Idealfall erschüttern sie unser Weltbild oder unser Wertesystem.« Die Kategorie des Unbequemen bezieht sich hierbei nicht nur auf das Leben und Wirken dieser Persönlichkeiten, sondern auch auf die Mühe, die sie uns bereiten, sie klar zu beurteilen und historisch und menschlich einzuordnen.
Korn versteht es vortrefflich, die Werdestufen, Widerstände, Herausforderungen, aber auch die Widersprüche und das Scheitern dieser Menschen so zu charakterisieren, dass selbst diejenigen von ihnen, zu denen der Zugang zunächst schwer fällt, aus sich heraus interessant und verständlich werden. So sind die Lebensbeschreibungen auch in der Kürze treffend geraten und geben vor allem Anstöße – zu eingehender Beschäftigung und zu manchem neuen Gedanken!
Um die Neugier der Leser endgültig zu wecken, seien am Ende noch die Namen der elf »Unbequemen« genannt: Thomas Müntzer, Albrecht von Wallenstein, Samuel Hahnemann, Mathilde Franziska Anneke, Kaiser Wilhelm II., Rosa Luxemburg, Fritz Haber, Fritz Kolbe, Franz-Joseph Strauß, Ulrike Meinhof, Rudolf Bahro.
Wolfgang Korn: Von der Lust am Eigensinn. 11 unbequeme Deutsche, die Geschichte schrieben; geb., 192 S., EUR 19,95, Theiss Verlag, Stuttgart 2012