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Everything Will Change - ab 14

Kolumne Knilli
©FlareFilm2021

Es ist das Jahr 2054. Draußen ist es unwirtlich: Bauten aus Beton und Glas, Kunststoff-Wüsten, verkohlte Bäume und giftig orangefarbene Steppe. Drei junge Erwachsene der sogenannten «Indoor-Generation», Ben, Fini und Cherry, stöbern in einem Antiquitätenladen nach historischen Schallplatten, dabei fällt ihnen die Fotografie einer Giraffe in die Hände. So ein anmutiges Wesen haben die drei Freunde noch nie gesehen! Aber Bilder sind manipulierbar, bestimmt ist es ein Fake! Per Klick am Interface-Button an ihrem Hals recherchieren sie im Internet und finden – nichts. Nur 30 Jahre nach unserer heutigen Zeit hat das Artensterben die Tierwelt von der Erde getilgt und auch jegliche Erinnerung an sie gelöscht.

«Everything Will Change» ist ein Sciencefiction-Märchen, ein aufrüttelnder Blick in unsere unmittelbare Zukunft. Die Drei lassen nicht locker. «Was ist, wenn das echt ist?» «Wie alt müsste man sein, um sich zu erinnern?» Eine ältere Unbekannte steckt ihnen einen rätselhaften Lageplan zu und der taubstumme greise Ladenbesitzer kramt eine Kiste mit DVDs hervor: galoppierende Giraffen, turnende Affen, hüpfende Vögel, springende Pinguine, schwärmende Fische, tanzende Schmetterlinge ... Die jungen Leute sind tief berührt und verstehen, dass es diese Spezies wirklich gegeben hat. Auf dem Lageplan führt eine Spur zu einem einsamen Bunker, einer Art «Arche», in der Wissenschaftler:innen akribisch die verlorene Fauna dokumentieren.

Regisseur und Drehbuchautor Marten Persiel ist mit einer verblüffend einfachen Idee ein großartiger Film gelungen. Die Wild-Life-Aufnahmen sind für sich genommen schon wunderbar anzusehen, aber unter der Prämisse, dass sie das Letzte sind, was von der fantastischen Vielfalt der Schöpfung geblieben ist, laden sich die Bilder emotional enorm auf. Die schillernde Filmmusik von Gary Marlowe und Folksongs aus dem 20. Jahrhundert verstärken die Wirkung. Tieraufnahmen wie in einem Requiem! Als Zuschauerin fiebere ich mit den jungen Rebellen. Was werden sie tun? Im Bunker durchforsten sie alte Internet-Backups und finden dramatische Berichte über das drohende Artensterben aus den 2020er Jahren. Fassungslos fragen sie sich, wieso die Menschheit das Zeitfenster, in dem die Arten noch hätten gerettet werden können, tatenlos verstreichen ließ. Und da dieser Film auch ein Märchen ist, fällen die Drei einen kühnen Entschluss, der alles zum Besseren ändern wird!

Der Film ist klug, weil er neben der Spielhandlung tatsächliche Experten zu Wort kommen lässt, die die vielschichtigen Ursachen des Artensterbens erläutern und auch, was heute, 2023, zu tun wäre. Informiert, zuversichtlich und voll des Tatendrangs entlässt einen der Film.

Everything Will Change (BRD/Niederlande 2021, 93 Minuten) erscheint Ende Januar auf DVD und im Streaming (z.B. bei Amazon oder iTunes). Empfohlen ab 14 Jahren.

Bitte beachten Sie die Kurze Anleitung für einen gelungenen Filmnachmittag.

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