Der verlorene Sohn

Ute Hallaschka

Man könnte meinen, Der verlorene Sohn betrifft zielt lediglich auf die rückständigen gesellschaftlichen Verhältnisse in Amerika ab – wäre da nicht die kürzliche Äußerung von Papst Franziskus, der ebenfalls dafür plädiert, dass Homosexualität als nicht gottgegebener Zustand auf jeden Fall therapierbar wäre.

Russell Crowe und Nicole Kidman spielen die durchaus liebevoll besorgten, aber völlig verblendeten Eltern, die ihren Sohn Jared (Lucas Hedges) zur »Konversionstherapie« schicken. Dieses – Gehirnwäsche und Folter inklusive – Manipulationsverfahren haben in den USA Hunderttausende erlitten. Es existiert auch in Europa und ist bis heute nicht verboten.

Lucas Hedges nimmt seine Figur stark zurück und lässt ihn so ganz innerlich agieren. Die Wandlungen, die seine Eltern durchmachen, sind zwar schematisch gezeichnet, doch glaubwürdig dargestellt. Während es Nicole Kidman als Mutter irgendwann das Herz bricht, ihren Sohn so alleingelassen zu haben, und ihn aus der Folterkammer im Camp befreit, bleibt der Vater zunächst völlig befangen in seinem Weltbild. Interessant hier erstmals Russell Crowe, der sonst den guten Part spielt, als sturen, herzlosen Ideologen zu sehen. Nach jahrelanger Trennung von seinem Sohn überwindet er sich schließlich. Es ist keine Läuterung, wohl aber eine Entscheidung, er will seinen Sohn nicht verlieren. Jared lebt inzwischen mit einem Mann in New York, wo seine Homosexualität kein Problem darstellt.

Trotz der Gleichstellung vor dem Gesetz unterliegt die gleichgeschlechtliche Beziehung – gerade zwischen Männern – noch immer allen möglichen Diffamierungen. Immer noch fürchten sich Eltern mit homosexuellen Kindern vor deren Coming-Out. Es ist gut, dass der Film dies deutlich macht.

Film: Der verlorene Sohn, Drama, Regie: Joel Edgerton, 115 Min., USA 2019, FKS 12