Kleine Leute

Ute Hallaschka

Der zweieinhalbstündige Film verbindet beste Unterhaltung mit feinsinniger Zeitkritik. Es beginnt und endet in Norwegen. Vor der Fjord Kulisse am nordwestlichen Rand Europas – ehrfurchtgebietende Bilder der majestätischen Schönheit der Erde. Ein Forscherteam im Labor, auf der Suche nach einem Ausweg aus der globalen Krise. Wie kann die Erde gerettet werden vor den Problemen unserer Zivilisation? Es ist die Logik der Forschung dem Wachstumswahn mit der Körperschrumpfung zu begegnen und damit den Ressourcenverbrauch zu minimieren. Diese Idee untersucht der Film als Gedankenspiel. Da der Mensch offenbar in sämtlichen Gesellschaftsordnungen sein Verhalten nicht ändert – adäquat der von ihm geschaffenen Wirklichkeit sich anders zu orientieren – nun eine buchstäblich körperliche Verhaltenstherapie.

Damit sind wir als Zuschauer sehr nah an der aktuellen Weltentwicklungsfrage. Es ist ja überdeutlich, dass ein Heilsversprechen technischer Art vorliegt, in dem pure Rechenleistung als dem menschlichen Denken weit überlegene Intelligenz zur Problemlösung offeriert wird.

Auf den Punkt gebracht: wenn der Mensch nicht in die Gänge kommt mit moralischer Technik, dann lasst uns technische Moral entwickeln. Diese Botschaft braucht der Film nicht explizit zu vermitteln, die versteht sich wie von selbst im Zuschauergemüt; ebenso die Untertöne dieser Satire – von wegen: Make America great again …

Es gibt viele Gründe nach Leisureland zu ziehen, dem Paradies der kleinen Leute. Einer davon ist die Verarmung der Mittelschicht. Paul, gespielt von Matt Damon, ist Physiotherapeut, der von seinem Einkommen kaum noch leben kann. So entschließt er sich gemeinsam mit seiner Frau Audrey (Kristen Wiig) zur unumkehrbaren Prozedur der zellulären Veränderung. Doch während er bereits in Narkose liegt, bricht sie das Verfahren ab. Damit wird gleich zu Beginn klargestellt: wo immer der Mensch hingeht, er nimmt seinen Charakter mit.

Die subventionierte Miniaturwelt, in der es sich angeblich für alle gut leben lässt, zeigt bald hässliche Züge. Auch hier die Schere zwischen arm und reich, Gettobewohner und skrupellose Geschäftemacher. Einer davon ist Dusan, köstlich dargestellt von Christoph Waltz. Er hat eine Marktlücke entdeckt und importiert Luxusgüter aus der anderen Welt – aus einer normalgroßen kubanischen Zigarre werden so hunderte mit entsprechendem Profit. Dem Regisseur gelingt der Spagat mit treffsicherem Humor die bitteren Tatbestände der Weltpolitik zu zitieren. Man muss einfach lachen, wenn man diese Bilder sieht und umso eindringlicher werden sie. Beispielsweise wenn die Eheringe geliefert werden als Andenken an das vorige Leben, dann sind sie riesige, autoreifengroße Goldvorkommen. Aber so ist es eben in der realen Welt, mit Spekulationsobjekten in sozialen Verhältnissen, die sich nur noch nach Maß, Zahl und Gewicht bestimmen.

Ein Zufall führt Paul auf die andere Seite seiner schönen neuen Welt. Er lernt Ngoc Lan (Hong Chau), kennen. Eine Dissidentin aus Vietnam, die auf der Flucht geschrumpft und so verschleppt wurde. Der Showdown führt uns wieder nach Norwegen in die idyllische Ursprungskolonie. Was sich hier zuträgt ist eine echte Überraschung und soll es bleiben.

Downsizing zeichnet mit leichter Hand ein Mysteriendrama. Mephisto war gestern. Heute sind umgekehrte Kräfte am Werk. Sie wollen durchaus das Gute, was sie jedoch wirklich inspiriert, wenn sie den messianischen Versprechen der Technik folgen, das können nur Menschen herausfinden, die sich dieser Frage stellen. Der Mensch, der sich selbst erkennt. Dazu hält der Film einen höchst vergnüglichen Spiegel vor.

Downsizing (Komödie, Drama), Regie: Alexander Payne, 136 Min., USA 2017, FSK: 0