Lotta Leben

Ute Hallaschka

Die 11-jährige Lotta (Meggy Hussong) hat’s nicht leicht. Zu Hause herrscht Chaos in der Familie. Mama (Laura Tonke) arbeitet im Eso-Laden bei Heiner Krishna (Milan Perschel) und kocht schrecklich gesunde Sachen. Papa (Oliver Mommsen) trägt Kopfhörer, damit er in Ruhe arbeiten kann, und dann sind da die beiden sogenannten Blödbrüder. So nennt Lotta die 8-jährigen Zwillinge, die den ganzen Tag durchs Haus toben und Kampfspiele veranstalten. In der Schule gibt es auch Probleme. Da sind die (G)Lämmergirls am Werk, angeführt von der reichen Angeberin Berenike, die natürlich Lotta für supermegauncool halten und sie mobben. Doch Lotta weiß sich zu wehren, mit dem Club der wilden Kaninchen, zu dem ihre beste Freundin Cheyenne (Yola Streese) gehört, die im sozialen Brennpunkt lebt und Paul (Levi Kazmaier), die schlaue Brillenschlange mit dem wundervollen Baumhaus im Garten. Dort hocken die drei und beratschlagen, wie sie mit der Kränkung umgehen sollen. Berenike hat die gesamte Schule, sogar Paul zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen – nur Lotta und Cheyenne nicht.

In der Folge kommt es zu irrwitzigen Aktionen, eine verrückter als die andere, aber nichts funktioniert, wie gedacht. Was damit jedoch einhergeht, ist ein Geschehen ganz anderer Art. Die Freundschaft zwischen Lotta und Cheyenne steht auf dem Prüfstand. Im Versuch dazuzugehören oder sich durchzusetzen, entzweien sich die beiden.

Man kann dem Film gelegentlich allzu schrille Töne anlasten, in Comik-Manier mit Sprechblasen, hektisch geschnitten, die Figuren sind überzeichnet bis ins Absurde. All das stört aber keineswegs das Vergnügen. Vielleicht weil unser Leben tatsächlich so absurd geworden ist – in den Augen der Kinder?

Es sind durchaus ernste Themen, die der Film unauffällig nebenbei behandelt. Loyalität und die Korruption durch Macht, die soziale Frage der Herkunft und die Illusion der Chancengleichheit. Immer wieder mitten in Quatsch und Albernheit plötzlich etwas bemerkenswert auf den Punkt gebracht. Da fragt die Lehrerin Frau Kackert, köstlich dargestellt von Carolin Kebekus, nach der Definition von analogen Fotos. Die Antwort lautet: Analog ist das Gegenteil von digital, nämlich Fotos, die man weder löschen noch bearbeiten kann – so wie ein einmaliger unwiederholbarer Augenblick. Wenn es gar zu ernst zu werden droht, kommt wieder ein irrwitziger Drehbucheinfall ins Spiel. Mama ist nicht nur esoterisch, sondern auch kaufsüchtig, sie hat im Teleshopping wunderbar gesunde Chips entdeckt, die nebenbei der Zahnpflege dienen. Dumm nur, wie Lotta feststellt, dass die für Hunde gedacht sind, denn Mama und die Brüder haben schon eine Tüte gefuttert. Und dann ist da noch die Sache mit der Flöte, ein running gag, der besonders amüsant für Waldorfschüler sein könnte.

Mein Lotta-Leben. Alles Bingo mit Flamingo. Komödie. 94. Min. FSK 0, Deutschland 2019