Taxi Teheran

Ute Hallaschka

Ein außergewöhnliches Roadmovie. Panahi gelingt es, sein politisches, gesellschaftskritisches Anliegen in so heiterer und liebevoller Manier zu erzählen, dass es poetisch wird. Das ist kein Widerspruch. Kunst ist politisch, indem sie Kunst ist. Die Poesie fährt heimlich mit in diesem Taxi. Was sie uns zeigt, ist die Menschenwürde des Individuums. Durch ihren farbigen, liebevollen Fokus betrachtet, wird der graue Alltag der Ideologie umso deutlicher, gewinnt Gestalt und wird fassbar. Das ist es was wir als Zuschauer der Weltverhältnisse brauchen. Ohne Imagination ist nichts mehr zu ändern.

Der Regisseur sitzt selbst am Steuer und spielt Taxifahrer. Eine Kamera ist im Auto angebracht. Sie liefert im Wechsel, Bilder der Außenwelt, auf der Fahrt durch die Straßen Teherans und die Innenperspektive der Fahrgäste. Kurze biographische Ausschnitte, Wortwechsel, Begegnungen der Passagiere. Die Ausschnitte sind so stimmig komponiert, dass man es nicht als Puzzle oder Collage empfindet, sondern meint, eine fortlaufende Geschichte zu sehen. Wie die Akte eines Theaterstücks. Ein Kammerspiel moralischer Phantasie.

Wer will, kann diesen Film philosophisch sehen. Wer führt Regie in der eigenen Biographie? Ein Künstler oder Handlanger, der Zufall oder die Vorsehung? Kann das Spiel der Poesie die Macht der Gewalt überwinden? In Taxi Teheran ist die versöhnliche, weltbewegende, friedensstiftende Kraft des Humors am Werk. Ein wundervoller Film voll Heiterkeit.

Für Kinoerfahrene gibt es noch ein besonderes Vergnügen. Ein west-östlicher Taxidivan im eigenen Bewusstsein. Vor Jahren drehte der Regisseur Jim Jarmusch Night on Earth,  ebenfalls im Taxi, die nächtliche Drift durch Amerika. Taxi Teheran zeigt uns den Nahen Osten bei Tag. Wir sehen: Kunst vermittelt geistesgegenwärtig Zeit und Raum.

Taxi Teheran, Film, Iran 2015, Jafar Panahi, 82 Min.