Der Preis der Inklusion

Die Morgenstern-Schule Wuppertal

Inklusion, so wie sie zur Zeit von der Landesregierung verstanden und durchgeführt wird, kostet nicht nur immens viel nicht vorhandenes Geld, sondern verhindert, dass renommierte heilpädagogische Waldorfschulen ihre hervorragende Arbeit fortführen können. Um auf unsere Situation aufmerksam zu machen, wenden wir Elternvertreter uns an die Öffentlichkeit. Der Inklusionspolitik dürfen keine heilpädagogischen Waldorfschulen zum Opfer fallen, die wie unsere Christian-Morgenstern-Schule in Wuppertal seit 50 Jahren selbstbewusste junge Menschen in die Welt entlässt. Jeder einzelne Schulabgänger kennt hier seine Stärken und konnte sich durch Theaterspiele, Zirkusaufführungen und die Anfertigung von Werkstücken über die Jahre ausprobieren und praktische Fähigkeiten erwerben, die weit über das hinausgehen, was in anderen Förderschulen oder auch Regelschulen möglich ist. Weltliteratur, Weltgeschichte, Kulturreisen, Alpenfahrten, Theaterbesuche – all das findet in staat­lichen Förderschulen nicht statt.

Lange Zeit haben wir uns gegen ein Förderausschussverfahren gewehrt, um unserem zweiten Kind die Stigmatisierung als Förderschüler einer staatlichen Förderschule und die damit verbundene Aussichtslosigkeit mit Blick auf die Zukunft zu ersparen. Erst ein Besuch in der Christian-Morgenstern-Schule konnte uns davon überzeugen, ein Verfahren einzuleiten, um in dieser Schule aufgenommen zu werden. Unser erstes Kind hat leider durch unsere Unwissenheit und Gutgläubigkeit eine Förderschullaufbahn der üblichen Art durchleben müssen und wir sahen uns außer Stande, es dort herauszubekommen. Erst Jahre später stellte sich heraus, dass keine Lernbehinderung vorlag. Als wir nach langer Schulodyssee unsere Schule gefunden hatten, man uns dort die Hand reichte und bereit war, unser Kind als Quereinsteiger in die 7. Klasse aufzunehmen, fiel eine Last von unserer Familie. Zum ersten Mal machten Lehrer- und Elterngespräche Freude. Unser Kind hatte plötzlich positive Eigenschaften, wurde nicht nur auf das Versagen reduziert. Es wurde wohlwollend betrachtet und nicht misstrauisch beäugt.

Durch die vorangetriebene Inklusion wurden im vergangenen Jahr die staatlichen Zuschüsse nur schleppend ausgezahlt und finanzielle Zusagen erst spät eingehalten. Wir haben uns in sogenannten Politikerrunden zu Wort gemeldet und Politiker aller Fraktionen in unsere Schule eingeladen. Somit konnten wir auf unsere Lage aufmerksam machen und Politiker über die wichtige, außergewöhnlich gute Arbeit aufklären.

Wir haben Anfragen an den Landtag gestellt, in denen es um Klärung der finanziellen Situation für unsere Schulen geht.

Claudia Grinda

Die Georgschule Dortmund

Angesichts der drohenden Streichung von Lehrerstellen durch fehlende Zusagen der Landesregierung und einer durch sie bedingten Planungsunsicherheit für das kommende Schuljahr hat sich eine Gruppe von Eltern und Lehrern der Georgschule Dortmund an die nordrhein-westfälische Landesregierung gewandt.

Im Rahmen ihres Besuches im Düsseldorfer Landtag traf die Gruppe auf Mitglieder des Schulausschusses. Das Treffen weckte bei Gesprächspartnern aller politischen Couleur starkes Interesse, so dass kurze Zeit später Yvonne Gebauer (FDP), Astrid Birkhahn (CDU), Sigrid Beer (parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen) und Monika Pieper (Piraten) die Georgschule besuchten.

Durch ein gut organisiertes Programm aus Besichtigungen, Unterrichtshospitationen, Gesprächen mit Schülern, Lehrern und Eltern gelang es, die Politikerinnen für die Probleme einer Förderschule im Zeichen von Inklusion und Integration zu sensibilisieren. Die Gäste zeigten sich von der »organischen« Architektur des Gebäudes, von der durchdachten Farbgestaltung der Räume und dem besonderen Lernangebot beeindruckt. Yvonne Gebauer resümierte am Ende ihres Besuchs: »Es gilt nicht, gegen die Inklusion vorzugehen, sondern für die Zukunft unserer Kinder, und damit unsere gemeinsame Zukunft, einzutreten!« Sie signalisierte, sich in Zukunft für die Interessen der Georgschule stark zu machen, falls die Förderschule unter den Auswirkungen der Landesschulpolitik »leiden« sollte. Konkret versprach sie eine kleine Anfrage zum Mehrbedarfs-Bewilligungsbescheid. Astrid Birkhahn von der CDU betonte, dass es ihr wichtig sei, eine »breite« Schullandschaft aufrechtzuerhalten, um weiterhin auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder eingehen zu können.

Sigrid Beer von den Grünen zeigte hinsichtlich des Lehrerstellenkontingents für die nächsten Jahre viel Verständnis. Sie bekräftigte, dass eine Entscheidung im Sinne des Kindeswohls auch bedeuten kann, dass Eltern sich für eine Förderschule entscheiden dürfen, ohne bürokratische Hürden befürchten zu müssen. Monika Pieper von den Piraten, selbst Sonderpädagogin, stellte als Expertin fest, dass Förderschulen durchaus ihre Daseinsberechtigung haben und somit als Teil einer gelungenen Inklusion zu verstehen sind. Mit ihrer Meinung schließt sie sich den vielen Eltern an, die sich zum Wohle ihres Kindes bewusst für eine Förderschule aussprechen, was im Fall der Georgschule durch seit Jahren ansteigende Schülerzahlen bestätigt wird.

Seit der Einführung des Rechtsanspruchs auf Inklusion beklagen viele Lehrkräfte und Eltern die unzureichenden Rahmenbedingungen. Es fehlen Qualitätsstandards und sonderpädagogische Fachkräfte, auch anderweitige professionelle Unterstützung. Die Sachausstattung ist mangelhaft, zu große Klassen sind die Regel. Diese Entwicklung muss gestoppt werden.

Wilhelm Ellenbeck (Arbeitskreis Abgeordnetenbesuche Georgschule)

Zu den Autoren: Claudia Grinda ist im Bereich Unternehmensberatung tätig und seit der Einschulung des ersten Kindes aktiv in der Elternarbeit ihrer Schule tätig. Wilhelm Ellenbeck engagiert sich in diversen schulischen Gremien, u.a. im Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit.