Der Schulbesuch darf nicht vom Geld abhängen

Mechthild Große-Lohmann

Sehr geehrter Herr Hutzel,

Sie vertreten die Ansicht, Elternbeiträge seien freiwillige Geschenke. Was für ein schönes Bild! Mit viel Einfühlungsvermögen und Respekt sprechen Sie über die Art und Weise, wie man an Wohlhabendere herantreten kann, um diese zu Schenkungen zu bewegen, und erkennen hier die freie Initiative dieser Menschen an.

Es wäre mir nun eine große Freude gewesen, wenn Sie in genau der gleichen re- spektvollen Art über finanziell schwächer Gestellte sprechen würden. Vielleicht über die große Leistung, dass diese Menschen eben auch ihr weniges Geld schenken, was  manchmal einen ganz anderen Verzicht bedeuten mag, als sich ein gut verdienender Mensch vorstellen kann. Stattdessen finde ich in erster Linie Forderungen und immer wieder den Ruf nach Kontrolle und Befristung. Das Ganze gipfelt in dem Satz: »Es handelt sich um Ausnahmen, die bei Gefahr für das Ganze zurückgenommen werden können.« Das ist nicht konsequent zu Ende gedacht. Ehrlicherweise müsste man dann wohl doch sagen: Überlegt Euch vorher bitte, ob Ihr Euch zwölf oder dreizehn Jahre Waldorfschule »leisten« könnt! Wie Sie ja so deutlich im Vorwort sagen: Beim Biobäcker kann ich an der Kasse auch nicht diskutieren. Wenn ich mir also Biobäcker nicht leisten kann, dann kann ich mir auch Waldorf nicht leisten? Sind das die Denkmechanismen, die einer Beitragsordnung zugrunde liegen dürfen? Ich wünsche mir für eine Beitragsordnung in einer Waldorfschule eine andere Herangehensweise als die gesamtgesellschaftlich übliche.

Das kann man sehr gut von den Eltern lernen, die ihre Kinder zu Zeiten bekommen, in denen ihnen ein Geschäftsmann nur abraten würde. Was für ein Glück, dass hier andere Prioritäten gesetzt werden, obwohl allen klar ist, dass die Geldfrage eine wichtige Rolle im weiteren Leben spielen wird. Mir ist kein Fall bekannt, wo es tatsächlich wegen finanzieller Engpässe der Eltern zu Schulentlassungen gekommen ist (selbst wenn diese die gesamte Schulzeit Sonderregelungen beanspruchten). Das lässt vermuten, dass praktisch schon etwas gelebt wird, wogegen sich der Intellekt noch wehrt.

Das ist es, was mich froh und zuversichtlich macht und vergessen lässt, dass in Ihrem Artikel eine latente Wertung liegt, deren Maßstab Geld ist. Es besteht die Gefahr, dass Eltern, die finanziell unterprivilegiert sind, sich nach dem Lesen Ihres Artikels eine Anmeldung an einer Waldorfschule zweimal überlegen.

Mit freundlichen Grüßen
Mechthild Große-Lohmann

Den Artikel von Hans Hutzel finden Sie hier.