Wachsmalblöckchen sind nicht nur etwas für die Kleinen

Karl-Reinhard Kummer

Im Mittelpunkt stand der Impuls, dem Kind Malwerkzeuge zu geben, die schöne satte Farben nach dem Goethe’schen Farbkreis bieten. Natürliche Rohstoffe auf der Grundlage von Bienenwachs und gesundheitliche Unbedenklichkeit waren schon damals ebenso wichtig wie hohe Deckungskraft und die Möglichkeit zum Schichten. Es entstand eine Farbpalette von 24 Farben, die aufeinander abgestimmt sind. Die Blöckchen wurden für kleinere Kinder entwickelt, da sie sich besser anfassen lassen und weniger leicht brechen. Viele Kinder und Eltern empfinden sie jedoch als ein Malinstrument zweiter Klasse, denn man ist ja »groß«. Doch haben gerade die Blöckchen eine Bedeutung in der Entwicklung des Malens.

»Malen« bedeutet, etwas von sich selbst zu zeigen. Zwischen drei und vier Jahren möchte sich das Kind als Persönlichkeit äußern. Im Malen macht es den großen Schritt vom ungezielten Kreiseln und Kritzeln zur bewussten Gestaltung. Eigentlich malt es ja immer sich selbst. Das erscheint auf dem Papier als seelische Geste – und zwar mit einer starken Äußerung des Willens, wie man bei vielen Kindern am angestrengten Stöhnen bemerkt. Mit den Blöckchen kann man Farbflächen besser gestalten als mit einem Stift. Die Farben wirken wie von selbst, auch durch ihren Zusammenklang im Farbenkreis. So ein Bild sieht viel schöner aus als eine dünne Bleistiftzeichnung. Das macht Mut zum weiteren Malen. Natürlich gibt es immer Kinder, die gar nicht gern malen, da helfen dann auch keine Blöckchen.

Mit der beginnenden Schulreife sehnt sich das Kind danach, exakter zu werden. Nun erscheinen Einzelheiten wie der Rauch aus dem Schornstein, die Türklinke oder die Gardinen in den Fenstern. Die erste große Zeit der Blöckchen ist vorbei. Doch auch in dieser Phase zwischen sechs und sieben Jahren helfen sie beim flächigen Malen: Eine Gestaltung des Himmels mit blauer Farbe, natürlich mit einer Sonne, oder das sorgfältige Ausmalen der grünen Wiese gehören zum erwachenden Anspruch des Kindes, ein Bild schön zu gestalten.

Und es gibt auch da noch eine Phase, in der die Blöckchen wieder außerordentlich geschätzt werden, und zwar für die geometrischen Muster, mit denen das ganze Blatt gestaltet wird. Wenn das werdende Schulkind sorgfältig das ganze Blatt ausmalt, bekommt es ein Gefühl für das Oben und Unten, Rechts und Links. Die Muster sind eine Vorübung dafür, beim Schreiben und Rechnen die Buchstaben oder Zahlen richtig im Raum anzuordnen, entsprechend der lateinischen Schrift, die von links nach rechts und von oben nach unten verläuft. So können die belächelten »Blöckchen« eine Hilfe für das Schreiben- und Rechnenlernen sein.