Freiwilligendienst im Aus- und Inland

Erziehungskunst | Wer macht einen Freiwilligendienst bei den »Freunden« und warum?

Freunde | In erster Linie Jugendliche und junge Erwachsene unmittelbar nach ihrem Schulabschluss. Für einige dient der Freiwilligendienst als fachpraktisches Jahr, für andere als Auslandserfahrung mit Spracherwerb und wieder andere nutzen diese Zeit zur Überbrückung oder Orientierung auf dem Weg ins Studien- oder Berufsleben.

Die Freiwilligen, die aus dem Ausland kommen – sogenannte Incomer – sind in der Regel zwischen 23 und 25 Jahren alt und haben meistens in ihren Heimatländern bereits eine Ausbildung oder ein Studium absolviert.

EK | Was suchen die jungen Menschen, wenn sie sich für einen Freiwilligendienst bewerben?

F | Die Motivationslage ist genauso bunt und divers wie die jungen Menschen, die sich bei uns bewerben. Ein großer Teil unserer Bewerber ist auf Orientierungssuche. Ein Teil möchte nach der Schule einfach etwas Praktisches, etwas Sinnvolles tun. Den meisten geht es darum, die Welt und andere Kulturen kennenzulernen. Sie wollen eine bestimmte Sprache lernen oder suchen das Abenteuer in einer fremden Kultur und Umgebung.

Wirklich einmalig ist, dass man in dem Waldorfkindergarten um die Ecke, aber auch auf der anderen Seite der Welt einen Freiwilligendienst leisten kann. Dabei hat man die Auswahl aus über tausend Einrichtungen auf allen Kontinenten.

EK | Wem helfe ich, wenn ich einen Freiwilligendienst mache?

F | Die Freiwilligen unterstützen Fachkräfte in den verschiedensten Lebensfeldern: Von der Krippe und dem Waldorfkindergarten bis zur Waldorfschule, über heilpädagogische und sozialtherapeutische Einrichtungen, Heime, verschiedene Kultur- und Sozialprojekte bis hin zur biodynamischen Landwirtschaft, gibt es Einrichtungen, mit denen wir zusammenarbeiten.

EK | Was unterscheidet einen Freiwilligendienst im Inland von einem im Ausland?

F | Den Hauptunterschied machen vor allem die persönlichen Fragen: Wie viel Mut habe ich, was will ich wagen? Bin ich bereit, meine Komfortzone zu verlassen, um nach Berlin, nach Schottland oder nach Indien zu gehen? Will ich in einer Einrichtung meinen Dienst leisten, in der ich die oder der einzige Freiwillige bin oder mit vielen zusammen?

EK | Was erwartet die Freiwilligen?

F | Die Erfahrung, als Mensch wirklich gefordert, gebraucht und sinnvoll tätig zu werden. Von den Ehemaligen und ihren Angehörigen hören wir immer wieder, dass eigene Talente und Fähigkeiten entdeckt, echte Erkenntnis- und Erfahrungssprünge gemacht und langfristige Freundschaften geschlossen wurden. Sie berichten, dass sie in ihrer Persönlichkeit gereift sind und dass sie viele besondere Aufwachmomente erlebt haben.

Die größten Herausforderungen und Fragen liegen im Sozialen: Wie komme ich in der Arbeitsgemeinschaft, mit meinen Praxisanleitungen zurecht? Werde ich in meiner Arbeit, in meinem Engagement gesehen und wertgeschätzt? Werde ich den Ansprüchen gerecht, kann ich leisten, was von mir erwartet wird?

Im Ausland kommen neue kulturelle Erfahrungen hinzu. Die Freiwilligen lernen, ein bisher fremdes Land und dessen Menschen und Sprache kennen: Sie arbeiten und leben in der neuen Umgebung und müssen lernen, sich dort zurechtzufinden. Dadurch entstehen ein besonderes Verständnis und eine Verbundenheit, die die jungen Menschen oft nachhaltig prägen und auf ihrem weiteren Lebensweg begleiten.

EK | Wie werden die Freiwilligen begleitet?

F | Als Trägerorganisation begleiten wir sie durch fünfundzwanzig Bildungstage über das gesamte Freiwilligenjahr verteilt. Für das Ausland bereiten wir die Freiwilligen mit einem zehntägigen Seminar auf den Dienst vor und in zwei Rückkehrerseminaren reflektieren wir gemeinsam die gemachten Erfahrungen. Während des Dienstes gibt es in vielen Ländern auch ein Zwischenseminar.

Im Inland sind die Bildungstage auf fünf Wochen à fünf Tage über das Jahr verteilt.

Dazwischen hat jeder Freiwillige einen Ansprechpartner für kleine und große Sorgen.

EK | Was passiert nach dem Freiwilligendienst?

F |  Die Ehemaligenarbeit bietet den jungen Erwachsenen auch nach ihrem Dienst verschiedene Möglichkeiten, sich zu engagieren, weiterzubilden oder anderweitig initiativ zu werden. So engagieren sich weit über 100 Ehemalige auf über 300 Seminarwochen und geben ihre Erfahrung an die neuen Freiwilligen weiter.

Das Interview führte Matthias Niedermann mit Stefan Wurster (Abteilung Freiwilligendienste in Deutschland) und Claudio Jax (Abteilung Freiwilligendienste weltweit), beide Mitarbeiter bei den Freunden der Erziehungskunst


Ein Freiwilligenjahr kann in Deutschland als Bundesfreiwilligendienst (BFD) oder als Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) mit einem geförderten Programm geleistet werden.

Im Ausland ist das Freiwillige Internationale Jahr (FIJ) in rund 50 Ländern weltweit möglich, in den Programmen Internationaler Jugendfreiwilligendienst (IJFD), im entwicklungspolitischen Freiwilligendienst weltwärts, im Europäischen Solidaritätskorps (ESK) und im Deutsch-Französischen Freiwilligendienst Service Civique. Mehr Infos und Online-Bewerbung unter: www.freunde-waldorf.de/freiwilligendienste