Alle Jahre wieder. Vom Sinn einiger Symbole

Von Andrea Unser, Dezember 2010

Sind wir angesichts der Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes und des Alltagstresses überhaupt noch in der Lage, richtig Weihnachten zu feiern? Die Autorin, Kindergärtnerin und Mutter, zeigt, wie es gehen könnte.

Nikolaus von Troyes

Wer wünscht sich das nicht? Einen Sonntag im Advent, an dem sich die Familie um den Adventskranz versammelt. Selbst gebackene Plätzchen stehen auf dem Tisch, es duftet nach Tannengrün und Bienenwachs. »Morgen, Kinder, wird’s was geben« erklingt im Raum, während die Großeltern von früher erzählen. Dieses Familienidyll beschwören Zeitschriften und die Werbung herauf, doch es entspricht nicht unserer Lebensrealität. Gerade Mütter und Väter erleben die Adventszeit als eine Zeit großer Hektik. Im Waldorfkindergarten werden die Jahresfeste intensiv gefeiert. Der Sinn des Festes wird nicht über das erklärende Wort, sondern im Tun für die Kinder erlebbar. Wie kann uns, als Eltern, dies auch zu Hause gelingen? Nur indem wir uns intensiv mit der Bedeutung eines Festes auseinander setzen, nur indem wir Bräuche und Traditionen hinterfragen. Woher kommt der Adventskranz und warum zieren ihn vier Kerzen? Wer war Nikolaus und warum feiern wir heute noch seinen Namenstag? Diese und ähnliche Fragen führen uns Erwachsene immer tiefer an das Weihnachtsgeheimnis heran. Diese Annäherung gibt unserem Tun, zu Hause mit unseren Kindern, Tiefe.

Adventskranz – mehr als ein Kalender

In kaum einem Haushalt fehlt er: Der Adventskranz, gefertigt aus Tannengrün, getrockneten Beeren und Blumen, geschmückt mit vier Kerzen. Dieser Brauch entwickelte sich im achtzehnten Jahrhundert. In der Nähe von Hamburg gab es ein von Johann Hinrich Wichern gegründetes Heim zur Betreuung und Erziehung von verarmten Kindern. Trotz der einfachen Verhältnisse, die dort herrschten, sollten sie Advent und Weihnachten als eine besondere Zeit erleben. So entstand der Adventskranz mit anfänglich vierundzwanzig Kerzen – für jeden Tag im Dezember eine Kerze. Rasch entwickelte sich die Idee zum festen Brauch. Die Zahl der Kerzen reduzierte sich auf vier – für jeden Adventssonntag eine. Während es draußen immer früher dunkel wird, erhellen die Kerzen des Adventskranzes den Raum, bis schließlich die Lichter des Weihnachtsbaumes das Zimmer erstrahlen lassen.

Kerzen – mehr als Licht

Das zunehmende Licht kann zum Symbol werden: Jesus, das Licht der Welt wird geboren.

Die Menschwerdung Gottes bringt Licht in unseren Alltag. Dieses Licht wärmt und stärkt uns, selbst wenn es um uns herum dunkel wird. Das Licht siegt über die Dunkelheit. Die Kerzen bilden auf dem Kranz ein Viereck. Das Viereck der Kerzen und der runde Kranz verbinden sich zu einer Einheit. Durch die Geburt Jesu werden alle Gegensätze aufgehoben. Alles findet seinen Platz.

Die Weihnachtsgeschichte verheißt uns »Christus, das Licht der Welt«. Wenn ich mich im Schein der Kerze diesem Gedanken überlasse, dann wird es mir warm ums Herz werden. Das äußere Licht wird mir zum inneren Licht und inspiriert mich im Umgang mit meinen Mitmenschen und im Besonderen im Umgang mit meinen Kindern. »Und wenn Du in der Nacht die Sterne anschaust …« – lässt Antoine de Saint-Exupéry seinen Kleinen Prinzen anheben zu erzählen. Seit Urzeiten messen Menschen den Sternen eine besondere Bedeutung zu. In der Adventszeit holen wir den Sternenhimmel in unser Haus. Einfache Goldpapiersterne, von Kindern liebevoll gefertigt, zieren ebenso unsere Fenster wie kunstvoll gefaltete Transparentpapiersterne.

Nehmen Sie sich an einem Adventsabend die Zeit, mit ihren Kindern den Sternenhimmel zu betrachten. Selbst wer außer dem Großen Wagen keine anderen Bilder am Himmel benennen kann, wird von der Weite und Unendlichkeit des Sternenhimmels innerlich ergriffen. Der Stern von Bethlehem weist Hirten und Königen den Weg zum Gottes­kind. Von welchem Stern lasse ich mich führen?

Die Kinder erleben die Kraft des Engels

Eine wichtige Rolle spielen Engel in der Weihnachts­geschichte. Der Engel Gabriel verkündet Maria die frohe Botschaft. Josef erscheint im Traum ein Engel, der ihm die Umstände von Marias Schwangerschaft erklärt. »Fürchtet Euch nicht«, verkünden die Engel den Hirten, »denn Euch ist der Retter geboren.« Im Weihnachtsspiel schlüpfen die Kinder in die Rolle des Engels, der die Botschaft verkündet. Dabei erleben sie, welche Kraft von diesem Himmelsboten ausgeht. Lassen wir uns als Erwachsene darauf ein, werden auch wir diese Kraft spüren.

In vielen Familien lebt noch heute der Brauch, am 4. Dezember, dem Todestag der heiligen Barbara, »Barbara-Zweige« zu schneiden. Die heilige Barbara war die Tochter eines Griechen, die sich zum christlichen Glauben bekehrte. Deshalb wurde sie ins Gefängnis gesperrt und gefoltert. Doch Gott schickte Engel zu ihr. Sie verbanden Barbaras Wunden und heilten sie.

In der christlichen Kunst stellt man Barbara im grünen Gewand dar. Dieses grüne Gewand gilt als Zeichen der Hoffnung. Fangen die Barbarazweige in der Weihnachtszeit zu blühen an, so zeigen sie uns, dass das Leben sich immer wieder einen Weg sucht und sich immer wieder erneuert.

Nikolaus – mehr als ein Kinderfreund

Ein Festtag, der von allen Kindern mit Spannung erwartet wird, ist der 6. Dezember: Nikolaustag! In vielen Familien werden Stiefel geputzt und vor die Türe gestellt, auch ein bisschen Heu für den Esel darf nicht fehlen.

Nikolaus wurde in der Stadt Patera geboren, seine Eltern waren tief gläubige Menschen. Er galt schon in seiner Jugend als sehr fromm und wurde später zum Bischof von Myra ernannt. Viele Legenden ranken sich um seine Person. Alle erzählen von der Güte, Menschlichkeit und Klugheit des Heiligen. Gestalten wir den Nikolaustag für unsere Kinder, verbinden wir uns innerlich mit seiner Person. Aber: Handeln wir liebevoll und gerecht? Ist unser Handeln von Güte und Weisheit geprägt? Bewegen wir innerlich diese Fragen und begehen den Nikolaustag in der Gesinnung des Heiligen, dann wird dieser Tag für uns und für unsere Kinder ein Tag der »echten« Vorbereitung auf das große Fest.

Adventskranz und Kerzen, Sterne und Engel, Barbara und Nikolaus sind aus der Fülle von Bildern, die uns die Advents­zeit bietet, herausgegriffen. Bilder sind wie offene Fenster. Durch ihre Betrachtung nehmen wir eine andere Wirklichkeit wahr. Wir gewinnen eine andere Sicht auf die Realität des Lebens. Lassen wir die Bilder auf uns wirken, dann wachsen wir immer tiefer in das Geheimnis der Menschwerdung Gottes hinein. Dies wird unser Leben mit unseren Kindern prägen und bereichern.

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