Mit Kindern kochen
Das Interesse des kleinen Kindes an der Welt der Großen scheint unbegrenzt. Überall will es dabei sein und mittun. Schon Einjährige rühren beispielsweise gerne mit einem Löffel im Topf. Meistens ist das auch viel interessanter als das eigene Spielzeug. Kleine Kinder bei der Hausarbeit und beim Kochen einzubeziehen, kann zur Bereicherung für beide Seiten werden. Nach einem langen oder anstrengenden Tag wirkt das gemeinsame Kochen mit dem Nachwuchs entschleunigend und entspannend.

Foto: Ramona Lamb-Klinkenberg, aus: Christel Dhom, An die Töpfe, fertig – lecker! Verlag Freies Geistesleben
Ja, es stimmt. Wer mit Kindern kocht, muss dafür mehr Zeit einplanen. Dies ist jedoch nichts Schlimmes – im Gegenteil. Man beschäftigt sich gemeinsam mit etwas sehr Sinnvollem! Vielleicht entstehen in der heimeligen Atmosphäre einer Küche Gespräche, für die es sonst keine Gelegenheit gäbe. Die Beziehung zwischen Erwachsenen und Kindern wird gepflegt und gestärkt. Außerdem bewahren wir die Kinder davor, diese Zeit vor dem Fernseher oder Computer zu verbringen. Beim gemeinsamen Zubereiten einer Mahlzeit lernen die Kinder eine ganze Menge, etwa den Umgang mit einem Messer beim Obst- oder Gemüseschnippeln. Zunächst kann die Mama oder der Papa die Hände des Kindes noch führen. Dann aber versucht es, die Bananen oder Gurken allein in Scheiben zu schneiden. Nach und nach übt das Kind einen sicheren Umgang mit dem Messer. Da sollte der Erwachsene dem Kind auch etwas zutrauen. »Ich weiß, dass du mit dem Messer gut aufpasst, damit du dich nicht verletzt.« Mit anderen Küchengeräten verfährt man ähnlich.
Geruch und Geschmack
Die unterschiedlichen Obst- und Gemüsesorten erkennen und benennen zu können, erweitert den Wortschatz des Kindes. Wie schön, wenn man nicht nur weiß, dass das längliche, orangefarbene Ding Karotte heißt, sondern auch erfahren darf, wie man es verarbeitet und wie es schmeckt. Oder dass eine rohe Karotte anders schmeckt als eine gekochte.
Unglaublich, zu erleben, was man alles aus einer Karotte machen kann: roh in der Hand knabbern, geraspelt im Salat essen, gekocht als Gemüsebeilage, entsaftet oder zusammen mit anderen Obst- und Gemüsesorten zum Smoothie weiterverarbeiten. Bei den unterschiedlichen Verarbeitungsweisen entstehen unterschiedliche Gerüche. Insbesondere das Zerkleinern von frischen Kräutern setzt umwerfende Düfte frei, es kann den Geschmack einer Speise sehr beeinflussen. Beim gemeinsamen Kochen werden den Kindern die Lebensmittel mit allen Sinnen erfahrbar gemacht.
Wiegen, Messen und die richtige Abfolge
Das Abmessen oder Abwiegen einzelner Zutaten vermittelt dem Kind ein Gefühl von leicht und schwer, von weniger oder mehr, von zu viel oder zu wenig, von groß oder klein, von genügend oder ungenügend. Dies sind wertvolle Erfahrungen, die später in der Schule gebraucht werden. Auf diesen Erfahrungen kann schulisches Lernen aufbauen.
Dazu zählt auch die logische Abfolge eines Koch- oder Arbeitsprozesses: Ich muss die Kartoffeln erst waschen, dann schälen und kleinschneiden, bevor ich sie in den Topf gebe, um sie zu kochen. Eine andere Reihenfolge wäre nicht sinnvoll.
Welch ein Segen, wenn man in der Lage ist, beispielsweise eine Béchamelsoße selbst zu machen – womöglich noch ohne Rezept – wenn man nicht auf die Tütensuppe oder die Fertigpizza angewiesen ist – obgleich das auch mal sein darf. Es macht sich ein Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit breit. Abgesehen davon schmeckt ein selbstgebackener Biskuitboden einfach besser als ein gekaufter. Und auf den Duft während des Backens möchte man doch auch ungern verzichten.
Lebensmittel – gesund und lecker
Das Robert-Koch-Institut hat in einer neuen Studie (2014-2017, veröffentlicht im April 2018) herausgefunden, dass in Deutschland 15,4 Prozent der Kinder und Jugendlichen an Übergewicht leiden, 5,9 Prozent gelten gar als fettleibig; das heißt, jedes 7. Kind ist zu dick. Dies hängt natürlich auch mit unseren Essgewohnheiten zusammen, die in der frühen Kindheit angelegt werden. Beim gemeinsamen Kochen kann den Kindern Wissen über eine gesunde Ernährung vermittelt werden, ohne große Erklärungen oder erhobenen Zeigefinger. Man kann erlebbar machen, dass bei einer gesunden Ernährung ganz viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukte gegessen werden dürfen. Zucker, Fette und gesüßte Getränke hingegen stehen nur in kleinen Mengen auf dem Speiseplan. Auch in dieser Beziehung wirken wir Erwachsenen als Vorbild, welches vom Kind nachgeahmt wird und prägend ist.
Nach einer Studie des WWF werden in Deutschland jährlich 18.000.000 Tonnen Lebensmittel in den Mülleimer geworfen. Davon wären noch 10.000.000 Tonnen, so das Alnatura Magazin vom April 2018, genießbar gewesen. Auch vor diesem Hintergrund ist es wichtig, unseren Kindern einen Bezug zu Lebensmitteln zu ermöglichen, wie dies beim gemeinsamen Kochen geschieht. Wer gerne mit seinen Kindern kochen möchte, sollte die Zutaten bevorzugt beim Biobauern oder auf dem Markt einkaufen. Es ist wichtig, zu sehen, wo unsere Lebensmittel herkommen. Nur wer das weiß, wird eine Beziehung zu diesen aufbauen und verantwortungsvoll mit ihnen umgehen können.
Hat man schon einmal mit Kindern gekocht, weiß man, wie viel Freude und Spaß das machen kann. Es lohnt sich für alle Beteiligten und wird in guter Erinnerung bleiben. Übrigens, was gemeinsam gekocht wurde, wird in der Regel auch gerne gegessen!
Zur Autorin: Christel Dhom ist ausgebildete Waldorferzieherin und Heilpädagogin, Lerntherapeuthin (BLI). Seit vielen Jahren arbeitet sie als Förder- und Handarbeitslehrerin an der Freien Waldorfschule Westpfalz in Otterberg. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt Großelternglück (Verlag Freies Geistesleben).
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