Mmh … lecker. Frühstück selbstgemacht

Von Agnes Schütz, November 2019

In den letzten Jahrzehnten hat die Qualität der Lebensmittel stark abgenommen. Durch das Einbringen von Kunstdüngern und Pestiziden verliert unsere Nahrung an Wert. Kaum aufzuhalten sind die immer früher auftretenden und vielfältigen Nahrungsunverträglichkeiten oder Mangelerscheinungen.

Foto: © Charlotte Fischer

Von außen können wir einer Karotte nicht ansehen, was sie alles enthält. Eine konventionell angebaute Karotte enthält kaum Vitalstoff und Mineralien, zusätzlich aber Pestizide und Kunstdünger. Aus diesem Grund ist es enorm wichtig, schon beim Einkauf darauf zu achten, dass wir für unsere Kinder hochwertige Lebensmittel auswählen. Demeter-Produkte erfüllen die höchsten Ansprüche. Zu den wichtigsten Lebensmitteln im Kindergartenalter zählen: Getreide, Obst, Gemüse, Kräuter, Wasser, Milchprodukte sowie Licht und Luft. Die Pflanze ist kondensiertes Sonnenlicht – also ist Licht ein Lebensmittel erster Güte!

Das Getreide

Wenn wir ein kleines Getreidekorn betrachten, ahnen wir kaum, welche Substanzen und Kräfte in ihm schlummern. Es trägt eine Fülle des Lebens in sich, die es während des Sommers auf dem Feld durch kräftige Erdverwurzelung, Sonnenlicht, Wind, Wärme, Regen und die kosmischen Kräfte einsammeln konnte. Im Getreidekorn unterscheiden wir drei Teile: Den Mehlkörper, die Randschicht und den Keimling, die alle eine Einheit bilden. Lösen wir eine Komponente heraus, wird die organische Ganzheit gestört. Das reine Weißmehl kann ohne die dazugehörigen anderen Teile nicht wirklich verstoffwechselt werden. In der Randschicht sind die dafür notwendigen Stoffe enthalten, wie Mineralien, Eiweiße, Spurenelement, Vitamine, Biokatalysatoren, die alle einmalig aufeinander abgestimmt sind. Im Keimling ist der Wärmeäther konzentriert mit der Bildung von hochwertigen Ölen und Eiweißverbindungen. Durch Kieselprozesse wird das Getreide für Licht und Wärme aufgeschlossen. In Spuren ist auch Gold und Silber sowie Bergkristall (die reinste Form von Kiesel) enthalten.

Für das kleine Kind ist es besonders wichtig, dass sein Organismus von Anfang an lernt, seinen eigenen (Blut-)Zucker herzustellen. Das gelingt am besten mit Vollkorngetreide, das schon den kleinen Kindern gegeben werden darf, während isolierter Industriezucker schädlich wirken kann, weil er den Blutzucker zu rasch ansteigen und wieder abfallen lässt. Auch wirkt er als reinste Säurefabrik schon im Mund bis hin in alle Zellen. Rudolf Steiner weist darauf hin, dass das Getreide vorzugsweise auf das Nerven-Sinnessystem wirkt, aber auch Herz und Lunge durch Vollkorngetreide be­sonders gestärkt werden. Wichtig ist eine altersentsprechende Zubereitung wie das Einweichen und Nachquellen, damit es bis zu Ende aufgeschlossen und verstoffwechselt werden kann.

Die Früchte

Früchte haben eine dynamische Funktion: Sie regen die Prozesse an, die im Inneren des Organismus der Verwandlung der Stoffe dienen. Ausgereifte Aromen und Süße neigen dazu, sich zu lösen und zu verflüchtigen. So gehen die Inhaltsstoffe der Früchte auch im menschlichen Organismus leicht ins Blut über. Durch die Gerbsäure wirken die Früchte anregend. Obst aktiviert die Erneuerungsvorgänge im Zellgewebe. Der Einsatz von chemischen Mitteln im Obstanbau stört diese Eiweißprozesse enorm. Rohe Früchte werden leichter vormittags und mittags vertragen, was mit dem Tagesrhythmus der Leber zusammenhängt.

Das Gemüse

Beim Gemüse ist es sinnvoll, von allen Teilen zu essen, also von Wurzeln, Knollen, Blättern, Stengeln, Blütensprossen und Früchten. Die einzelnen Pflanzenteile haben unterschiedliche Eigenschaften und wirken im Körper auch auf sehr unterschiedliche Bereiche. Im Blatt baut die Pflanze ihre Substanz auf. Sie benötigt Wasser, Kohlenstoff und Mineralien. Sonnenlicht ist sehr wichtig für diese Prozesse. Das Licht ist ein Vermittler und tritt selber in die Pflanze ein. Durch die Dynamik der Bildekräfte und die Impulsierung der Stoffwechselprozesse wirken die Gemüse als Ganze mehr auf uns, als durch die Stoffe selber. Je nach Alter der Kinder wird Gemüse roh oder gedünstet angeboten.

Frühstückszubereitung

Jeden Morgen bereiten wir ein vollwertiges Frühstück für unsere Kinder im Kindergarten zu. Unser großer Mitteltisch wird zum »Frühstückszubereitungstisch« hergerichtet. Jeden Wochentag wird ein anderes Getreide verarbeitet. Montags ist Reisbreitag, Dienstag der Gerstenschnittentag, Mittwoch der Hirsebreitag, Donnerstag der Brötchentag und Freitag der Müslitag. Der Ernährungsforscher Udo Renzenbrink ordnete in den 1970er Jahren die sieben Getreidearten den Wochentagen und den sieben Planeten zu. Das muss nicht dogmatisch gesehen werden, es ist aber sinnvoll für die Kinder, eine rhythmische Abfolge einzuhalten. Ein wiederkehrender Rhythmus der Wochentage im Jahreslauf gibt den Kindern Sicherheit, Vertrauen und Orientierung. Es ist für sie leichter, eine Beziehung zum »Gerstenschnittentag« zu haben, als zum Dienstag, denn mit dem Gerstenschnittentag können sie sich durch das morgendliche, rhythmische, immer wiederkehrende Ereignis dieses Tages gut verbinden.

Für unseren Frühstückszubereitungstisch werden mit den schon eingetroffenen Kindern aus unserer Vorratskammer alle notwendigen Zutaten in einem Korb herbeigeholt. Wir benötigen Gerstenflocken, ein Stück Käse, frische Kräuter, Karotten, Rote Beete, Äpfel und je nach Saison Gurke, Radieschen, Kohlrabi, Sellerie, Pastinaken, Birnen, Sauerkraut oder was die Kinder aus dem eigenen Garten mitbringen. Dann brauchen wir auch noch Backbleche, Käsereiben, Brettchen, Messer, ein feuchtes Tuch, eine große Schüssel und kleine Schüsselchen. Jetzt ziehen alle Helfer Schürzen an, die schon an den Stühlchen bereithängen. Die Schulkinder können schon die Schleifen binden, und nun dürfen alle ihre Ärmel hochkrempeln und die Hände waschen. Als erstes wird der Gerstenbrei angerührt.

Nun können unsere kleinen Helfer das Gemüse und Obst waschen. Wenn wir dann manches davon geschält oder grob vorbereitet haben, dürfen die Kinder alles kleinschneiden und in die bereitgestellten Schälchen verteilen. Dies verlockt natürlich auch mal zu kosten. Gerne legen sie auch Muster mit dem geschnittenen Gemüse auf einen Teller. Und wenn die Karotten ganz dünn geschnitten sind, können wir sogar gemeinsam ihr Geheimnis erkennen. Denn wenn wir solch eine Scheibe vors Licht halten, sehen wir die runde Sonnenscheibe durchschimmern. So zeigt sie uns ihre schönen, orangenen Lichtkräfte. Im Apfel gibt es den wunderschönen Apfelstern mal mit den braunen Kernen, manchmal sind alle fünf Stübchen leer. Im Winter darf auch mal eine fingerdicke Scheibe aus der Mitte eines Rotkohls geschnitten werden, um die kunstvolle Mandalaform zu bewundern.

Viele Kinder lieben es auch, wenn sie beim Schneiden der Roten Beete rote Finger bekommen und manchmal freut sich eines, dass es später rosa »Pipi« machen kann. Dann beginnt der herrliche Duft der Gerstenschnitten durch den Raum zu ziehen und so manch einer bekommt schon Hunger. Nun wird es Zeit, fertig zu werden. Die Gemüseschalen werden nun in die leer gewordene Papiertüte der Gerstenflocken eingepackt, damit sie ein Helfer für Nachbars Kaninchen mitnehmen kann. Die Butter wird noch kleingeschnitten und in Schälchen zurechtgestellt, ebenso das Kräutersalz. Dann können wir gemeinsam aufräumen und die Tische decken. Der selbstgeerntete Kräutertee ist schon zubereitet. Ein kleiner Blumenstrauß oder eine Kerze tragen mit zu unserer Tischkultur bei.

Endlich werden nach dem Händewaschen alle zum Frühstücken kommen, jeder an seinen Platz. Die Glöckchen werden als Fingerspiel singend geläutet und unser Essensspruch gemeinsam gesprochen.

Eine unserer Lieblingsmahlzeiten kann beginnen. Kurze Zeit später kehrt eine leichte Ruhe ein, wenn jeder was zu Essen und zu Trinken hat. Die großen Kinder dürfen schon selber mit dem Messer die Butter schmieren, die Kleinen bekommen ihre Schnitten geschmiert. Gerne erzählen dann viele, was sie bewegt oder stellen Fragen, denn nun ist ein wenig Zeit für Geselligkeit. Eigentlich ist es wie in einer Großfamilie. Was ein Kind, ohne zugetextet zu werden, hierbei alles lernen kann, ist enorm: abwarten, teilen, abgeben und weiterreichen des Kräutersalzes oder des Gemüsetellers, mit dem Messer schmieren, ein Getränk eingießen, Gesprächskultur, sich einbringen oder zurückhalten, zuhören können, helfen und sich helfen lassen, einfach Mitmenschlichkeit erleben. Wer satt ist, wischt seinen Platz sauber. Danach beenden wir unser Frühstück mit einem Dankspruch.

So haben wir an diesem Morgen viele Urtätigkeiten des Menschen durch eigener Hände Arbeit erlebt, einfach durchs Mittun. Alle Sinne wurden angeregt: Riechen, Tasten, Schmecken, die Wärme des Teiges, das Beobachten und Erleben des ganzen Geschehens. So ist die Essenszubereitung mit den Kindern nicht nur Sinnesfreude, sondern auch Sinnespflege und Sinneserfahrung. Anschließend gehen wir gemeinsam zum Morgenkreis, danach zum Reigen und weiter in die Gartenzeit.

Was ist mit Kindern, die manche Speisen nicht mögen?

Ein sehr individuelles Einfühlen ist notwendig, wenn Kinder manche Speisen nicht mögen. Es gibt keine Patentlösung. Vielen Kindern ist unser Essen zu Beginn der Kindergartenzeit erst einmal nicht vertraut, weil zu Hause anders gekocht wird. Das bedeutet immer wieder, wenigstens einen »Löffelprobierer« anzubieten (nur der kleine Teelöffel ist gefüllt). Manchmal dauert es lange, zehn bis fünfzig Mal kann der Probierer kommen, doch die meisten essen nach zwei, drei Mal schon alles. Nur sehr wenige brauchen länger. Ausnahmen sind selten. Meist wird nur ein bestimmtes Lebensmittel abgelehnt. In solch einem Fall geben wir Knäckebrot mit Butter zum Essen. Sinnvoll ist es, Kindern, die ständig etwas anderes wollen, eine Grenze zu setzen. So gibt es nur ein bestimmtes Angebot. Für die Gruppe ist es einfacher, wenn es keine Extrawürstchen gibt, auch nichts von zu Hause, sonst will jeder etwas mitbringen – ist doch klar.

Ich bin immer wieder dankbar, das die Natur uns in den natürlich aufgewachsenen Lebensmitteln ihre einzigartigen Kompositionen schenkt, und wir ihre wertvollen »Schatzkammern« öffnen dürfen, für die gesunde Entwicklung unserer Kinder.

– Rezept –

Gerstenschnitten

1 kg Gerstenflocken

500 g zarte Haferflocken

2 TL. Salz

ca. 1 L heißes Wasser miteinander verrühren

und 10–20 Min. quellen lassen.

2–3 EL. frische, kleingeschnittene Kräuter (Petersilie,

Origano, Majoran, Thymian usw. (im Winter getrocknete Kräuter) und 1–2 frisch geriebene Möhren oder Pastinaken unterheben.

Nun den festen, warmen Gerstenbrei auf 2–3 Backbleche verteilen und die Kinder dürfen nun alles mit ihren kleinen Händen gut auseinanderstreichen.

Dann wird ca. 50 g (pro Blech) Käse, mittelalt, der vorher grob gerieben wurde, darüber gestreut (fester Käse, weil die Kinder diesen besser reiben können).

Danach werden die Bleche im Ofen ca. 20–30 Min. bei 250°C gebacken. Gerstenkuchen in Stücke schneiden und warm mit Butter und Kräutersalz genießen.

 

Zur Autorin: Agnes Schütz ist Waldorfkindergärtnerin in Hiddenhausen, Krankenschwester und Dozentin für Ernährung im Kindergartenalter.

Literatur: U. Renzenbrink: Ernährung unserer Kinder, Stuttgart 1998 | E. Graf: Getreideküche im Rhythmus der Wochentage, Peiting 1993 | S. Koch: Ernährung im Kindergarten, Stuttgart 2002 | P. Kühne: Lebensmittel-Qualität und bewusste Ernährung, Bad Vilbel 2018Bestellung Frühe Kindheit

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