Hank und die Bildungspolitiker

Henning Kullak-Ublick

Auf Versprechungen müssen Taten folgen

»Welche Regierung die Beste sey? Diejenige, die uns lehrt, uns selbst zu regieren.« Johann Wolfgang von Goethe

Warum haben die freien Schulen eigentlich noch keinen Sitz in der Kultusministerkonferenz? Dort arbeiten die Spitzen der sechzehn deutschen Kultusministerien in einer schwarz-rot-gelb-grünen Jamaica-Ampel zusammen. Zählt man die Schülerinnen und Schüler, die in Deutschland eine nichtstaatliche Schule besuchen, zusammen, bilden sie im Ländervergleich das fünftgrößte Bundesland – Tendenz steigend.

81% aller Eltern halten Bildung für das wichtigste Thema der deutschen Politik. 54% von ihnen (und sogar 60% der Hauptschuleltern) würden ihr Kind auf eine »Privatschule« schicken – wenn sie es sich leisten könnten. Tatsächlich besuchen aber nur ein Siebtel derer, die es gerne würden, eine freie Schule. Für bildungsferne Familien ist die Hürde besonders groß, weil die Schulgesetze den Betrieb freier Schulen in sozialen Brennpunkten fast verunmöglichen.

Was haben uns die Parteien in den zurückliegenden Wahlkämpfen über sich erzählt?

Schwarz ist ... »für die Menschen und Familien da«. Alle Familien? Dann unterstützen Sie die Eltern darin, durch die Wahl der Schule Verantwortung für die Erziehung ihrer Kinder zu übernehmen.Rot steht … für Gerechtigkeit und soziale Verantwortung. Dann geben Sie auch sozial benachteiligten und Kindern aus Migrantenfamilien endlich die Chance, eine Schule ihrer Wahl zu besuchen. Ermutigen Sie Schulinitiativen in sozialen Brennpunkten durch trägerunabhängige Schülerkopfpauschalen.Gelb steht … für Freiheit und unternehmerische Initiative.  Dann fördern Sie den pädagogischen Wettbewerb der Schulen und führen Sie den Bildungsgutschein ein. Geben Sie den Lehrerinnen und Lehrern curriculare Freiheit, damit sie ihr schöpferisches Potenzial (neu) entdecken können. Grün steht … für Nachhaltigkeit und Vielfalt. Überwinden Sie die bürokratischen Monokulturen und fördern Sie die Schulautonomie. Haben Sie den Mut, die freien Schulen in die Schulaufsicht einzubinden.

In den 1990er Jahren besang das Duo Joint Venture den ersten Haschischtoten: Im Hamburger Hafen starb Hank, der Dockarbeiter, eines tragischen Todes, weil ihn ein mit fünf Tonnen Haschisch gefüllter Container unter sich begrub. Die Geschichte war wohl erfunden, und doch: Wie oft bezeichnen unsere Bildungspolitiker die freien Schulen als »unentbehrliche Ideengeber und bunte Farbtupfer unserer Schullandschaften«! Mit der Masse dieses süßen Giftes kann man schon manch einen Versuch erschlagen, den Worten Taten folgen zu lassen und die freien Schulen endlich als gleichberechtigte Partner im öffentlichen Bildungswesen anzuerkennen. Einen Unterschied zu Hank gibt es aber doch: Er sah das Unglück nicht kommen, wir können wählen.

Henning Kullak-Ublick, Vorstand im Bund der Freien Waldorfschulen und bei den Freunden der Erziehungskunst Rudolf Steiners, seit 1984 Klassenlehrer in Flensburg, Aktion mündige Schule.