Hofrichter war sicher den meisten Kollegen und Geschäftsführern der deutschen Waldorfschulen bekannt. Viele Schulen verdanken ihm Hilfe durch Darlehen und Zuwendungen »seiner« Stiftungen und des sogenannten Ostfonds, die manchen Schulaufbau deutlich beschleunigt haben. Auch in Zukunft wird sein Name mit der Waldorf-Stiftung und mit den anderen von ihm gegründeten Stiftungen (Stiftung Eurythmeum, Astoria-Stiftung) oder der eng mit ihm verbundenen Rudolf und Clara Kreuzer-Stiftung verbunden bleiben.
Peter Hohage schreibt in seinem Ehemaligen-Rundbrief zum 70. Geburtstag von Hansjörg Hofrichter, dass er zu den Persönlichkeiten gehöre, die man sich aus dem Werdegang der Nürnberger Rudolf-Steiner-Schule und auch aus der Waldorfschul-Bewegung nicht mehr wegdenken könne.
Geboren wurde Hansjörg Hofrichter am 15.2.1942. Seine gesamte Schulzeit verbrachte er an der Waldorfschule Uhlandshöhe, der er sein ganzes Leben dankbar verbunden blieb. Nach einem kurzen, aber sehr erfolgversprechenden Arbeitsleben bei der Firma Varta entschied er sich, Waldorflehrer zu werden. 1969 begann er nach dem Referendariat an der Waldorfschule Nürnberg als Mathematik- und Chemielehrer. Vorher, schon mit 25 Jahren, war er Mitglied in der Anthroposophischen Gesellschaft geworden.
Wichtig war für ihn immer die Vernetzung der Schule mit den anderen Schulen und der städtischen Politik und Wirtschaft. Mit unglaublicher Hartnäckigkeit verfolgte er zunächst für die eigene Schule, später auch für andere Waldorfschulen in Bayern, dass die Gemeinden in der Nürnberger Umgebung für ihre Schüler eine Pauschale für Sachkosten bezahlten, wie sie für Schüler an staatlichen Schulen gewähren. Immer konnte man sich auf seine klaren Argumente und sein blitzwaches, strategisches Denken verlassen. Maßgeblich war er an der Gründung der Waldorfschulen in Coburg, Haßfurt, Hof, Erlangen, Wendelstein und Bayreuth beteiligt.
Seit 1992 war er als Vertreter der bayerischen Waldorfschulen Mitglied im sogenannten großen Bundesvorstand. Er war auf jeder Mitgliederversammlung präsent und sein Antrag, den Beitrag an die Pädagogische Forschungsstelle um 1 DM pro Schüler zu erhöhen, leitete eine immense Entwicklung der Forschungsstelle ein. Von 2000-2008 war er Geschäftsführer der Pädagogischen Forschungsstelle und einer der drei Geschäftsführer des Bundes der Freien Waldorfschulen. In dieser Zeit legte er den Grundstock für die starken Veränderungen insbesondere im Bereich der Publikationen, die er in allen Schulversammlungen des Bundes der Freien Waldorfschulen (BdFWS) vorstellte. Jeder Schule, die er besuchte, wird seine Begeisterung für seine Lieblingsbücher: Der Sonne Licht und Deutsch ein Abenteuer in Erinnerung bleiben.
Im Rahmen der Forschungsstelle baute er auch wichtige Kontakte in die USA zu dem dortigen Research Institute auf. Die USA-Reisen mit Ernst Schuberth und später mit Jost Schieren waren ihm ein wichtiges Anliegen. Douglas Gerwin schreibt: »Hansjörg loved traveling to the United States, and he made several extended trips throughout this great continent. Like so many Germans, he had a special affinity for the Native American culture, and he helped fund various projects to bring Waldorf education to the reservations. He was also instrumental in securing the funding for a new edition – first in German, then in an English edition edited by our own Stephen Bloomquist – of his beloved book Der Sonne Licht, which he remembered with special affection from his years as a Waldorf pupil. He was also the author of a widely circulated pamphlet called Waldorf: The Story Behind the Name, which he managed to have translated into at least a dozen different languages.
We are lastingly indebted to Hansjörg for his dedication to publications, his keen insights and practical advice, his lasting legacy of financial assistance, his lifelong devotion to Waldorf education, and his love of America and Americans.«
Bei aller Anerkennung seiner Leistungen und der Dankbarkeit für seine großen Verdienste für die Waldorfpädagogik, zeigte sich insbesondere zum Ende seiner Tätigkeit, dass seine Stärken, die Beharrlichkeit und Eigenwilligkeit, gleichzeitig auch Schwächen sein können, wenn im Sozialen eine gewisse Geschmeidigkeit fehlt. So kam es ab 2008 zu Konflikten mit dem damaligen Vorstand des BdFWS wegen des Zeitpunkts seines altersbedingten Ausscheidens und aufgrund von Problemen in der Geschäftsführung der Waldorf-Stiftung, die glücklicherweise noch kurz vor seinem Tod im Rahmen eines Besuchs bei ihm befriedet werden konnten.
Wenn wir heute an Hansjörg Hofrichter denken, denken wir vor allem an seine unglaubliche Energie und Jugendlichkeit, seine Kraft und seine »charmante Hartnäckigkeit« in der Verfolgung seiner Ziele und an seinen Humor. In großer Dankbarkeit verbeugen wir uns vor seiner Lebensleistung und danken seiner Frau Ursula Hofrichter und seinen drei Kindern für alles, was diese Leistungen ermöglicht hat.