Er hilft, eine Reihe von Fehlern zu vermeiden, die ich bei einer Reise durch viele Schulen in der Welt immer wieder angetroffen habe: Ergebnisorientierung statt Prozessorientierung; Rechnen statt Begreifen; zu wenig Übung, zu wenig Differenzierung; zu viel Lehrerarbeit. Wenn man es durcharbeitet, versteht man sogar, warum Rudolf Steiner diesen anspruchsvollen Stoff für die 4. Klasse empfiehlt.
Es geht beim Bruchrechnen nicht darum, schnell die Algorithmen zu beherrschen und die vier Grundrechenarten auf die Brüche anzuwenden (Regelwissen), sondern um eine Erweiterung des Zahlenbegriffs. Grundvorstellungen aus dem Bereich der natürlichen Zahlen gelten nicht bei den Bruchzahlen.
Wir müssen umdenken bei den Zahlvorstellungen: Im Nenner ist 8 jetzt kleiner als 4! Und unterschiedliche Zahlensymbole haben den gleichen Wert ½ = 2/4 = 4/8!
Wir müssen umdenken bei den Vorstellungen zu den Rechenoperationen: Multiplizieren vergrößert nicht mehr, Dividieren verkleinert nicht mehr.
Ein halber Liter Milch ist mathematisch auch 167/334. Welch ein Gedankenexperiment!
Entspricht dieser »Bruch« mit der vertrauten Zahlenwelt dem Bruch im Weltvertrauen der Viertklässler? Lässt er die Kinder erleben: »Ich kann die Welt auch anders denken«? Und ist der Unterricht dann erfolgreich, wenn das gelingt?
Das Buch Antje Beks präsentiert Aufgabenstellungen, die Schüler zum Arbeiten, Handeln und Begreifen anregen. In jeder Phase des Bruchrechnens darf und soll experimentiert werden, weil alle Kinder dadurch Erfahrungen sammeln. Konsequent angewendet, führt der »kreative Kurs« zu mehr Sinn, Einsicht und Leistungsfähigkeit im Mathematikunterricht. Ein nützliches Buch, das ich jedem empfehle, der Kindern die faszinierende Welt der Brüche nahebringen will. Anje Bek: Bruchrechnen begreifen:
Ein kreativer Kurs für die Unterrichtspraxis, 172 S., Pb., EUR 17,50, Books on Demand, Norderstedt 2021