In Bewegung

Dritte Klasse gewinnt IHK-Preis in Dessau

Susanne Bregenzer

Die Mutter eines Schülers hatte von einer Ausschreibung der beiden Kammern erfahren und meldete die Schulklasse für diesen Preis an. Das Thema: frühe Berufsorientierung. Einen Preis zu gewinnen, das spornt an und das Thema begeisterte die Schüler, denn nicht umsonst liegt die Handwerkerepoche in der dritten Klasse. Genau in der Zeit ihrer Entwicklung, in der der eigene Körper, das eigene Sein nochmal auf eine ganz neue Art ergriffen werden. In der die Kinder immer geschickter werden, mit ihren Händen und ihrem Körper umgehen können und voller Kraft und Tatendrang sind.

Begeisterung ist nicht nur für Kinder ein guter Nährboden, um zu lernen. Auch die Eltern ließen sich davon anstecken und stiegen voll mit ein. Alle gemeinsam erarbeiteten sie sich die verschiedenen handwerklichen Berufe, von ganz alten Künsten wie dem Schmieden, dem Schneidern und dem Korbflechten bis zu neueren Fertigkeiten, wie sie zum Beispiel Optiker:innen beherrschen.

Per Losverfahren wurden die einzelnen Gewerke auf die Schüler:innen verteilt und alle Schüler:innen durften ein Plakat gestalten, mit Hilfe ihrer Eltern ein Referat ausarbeiten und vor der Klasse vortragen. Eine Menge an wunderbaren und kreativen Werken entstand, es wurde gezeichnet, gemalt, geschrieben und collagiert.

Die Kinder bekamen Besuch von einem Steinmetz und einem Korbflechter. Diese zeigten ihr Können und jedes Kind durfte einen eigenen Korb herstellen. Währenddessen wurde das Theaterstück Der Handwerkerstreit eingeübt. In dieser Geschichte sind die einzelnen Handwerker:innen sehr von sich überzeugt und preisen ihr eigenes Handwerk laut an: «Na hör’ mal! – Bist ein arger Schuft, baust du die Häuser denn aus Luft? Du könntest keine Mauern setzen, würd’ ich dir nicht die Steine metzen!» Die Schüler:innen konnten auf poetische, rhythmische und humorvolle Art erfahren, dass jedes Handwerk ohne das andere nicht funktionieren würde. So greift ein Handwerk in das andere und gemeinsam bilden sie einen Schaffenskreis. Das Stück von Klaus Reichenbach fasst diese Erkenntnis so zusammen: «Es helfen alle immer allen im Lebenskreis, den ihr erbaut, und deshalb werdet ihr nicht fallen, weil ihr dem anderen vertraut!»

Und endlich war der Tag gekommen, auf den alle hingefiebert hatten. Fernsehen, Radio und Beauftragte von der IHK Halle und Dessau kamen an einem Vormittag in die Schule, um sich zeigen zu lassen, was die Kinder für sich erschlossen hatten. Erneut führten sie vor den Besucher:innen das  Theaterstück auf und ernteten großen Applaus. Beeindruckt waren die Besucher:innen vor allem davon, wie früh und auf welche Art die Kinder die einzelnen Bereiche des Handwerks kennen lernen konnten. Die Gäste durften nach dem Theaterstück den Kindern zu ihrem jeweiligen Handwerk Fragen stellen. Die Kinder standen vor ihrem Plakat auf und zeigten, was sie wussten.

«Die Freie Waldorfschule legt einen Fokus auf die Vermittlung handwerklicher Fertigkeiten und zeigt, dass Handwerk kreativ sein kann. Das Besondere: Die Schule beginnt schon bei Drittklässlern mit einem Handwerksprojekt. Diese frühe Berufsorientierung ist genau richtig. Aus diesem Grund zeichnen wir die Waldorfschule mit dem Preis aus», sagte Sebastian Scholz, Abteilungsleiter Betriebsberatung und Bildung der Handwerkskammer Halle, bei der Preisverleihung.

Erfolgserlebnis im Quadrat

Voller Stolz nahmen die Drittklässler:innen ihren Preis entgegen. Mit dem Preisgeld konnte die Schule das Material für ein neues Gerätehaus für den Hort kaufen. Hier sollen die Hortkinder in Zukunft ihre Roller und Fahrräder unterbringen. Später kann es noch beliebig erweitert werden. In der Hausbauepoche werden die Drittklässler:innen nun dieses Haus gemeinsam mit dem Handwerkslehrer und den Eltern aufbauen.

Wie bei den Handwerker:innen aus dem Theaterstück ist das, was die Kinder und ihre Lehrerin geleistet haben, ineinander verwoben und baut aufeinander auf. Die Handwerksepoche findet ihren krönenden Abschluss in Dessau im Sommer in der sogenannten «Klassenfahrtswoche», wenn die Kinder gemeinsam die verschiedenen Handwerker:innen bei ihrer Arbeit besuchen dürfen. Welche Handwerker:innen das sein werden, liegt erneut in den Händen engagierter Eltern, die die Kontakte herstellen werden.

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