In drei schlichten, aber inhaltsvollen Kapiteln macht sich der Autor zum Zeugen des Spiels. Er ist Spiel-Zeuge. Dabei spannt er in seinem Nachdenken über das Spiel einen weiten Bogen vom Neolithikum über das römische Reich mit seinen Arenen zu den negativen Entwicklungen unserer Zeit, den Quellen seiner Kindheit, seinen Erfahrungen als Bergsteiger bis zu einer Auswahl von Literaturempfehlungen. Bereits im Vorwort klingt der Philosoph, der er ist, an – und der Poet.
Was ist denn Spiel nun eigentlich? Spiel und Wahrheit, meint Vinzens, sind uns zwar bekannt, lassen sich aber nicht in Worte fassen. Spiel ist nicht nur der Schlüssel zum Menschsein, sondern Menschenrecht. Wir haben uns vom Spiel entfernt, denn auch Erwachsene müssen wieder richtig spielen, müssen hüpfen, balgen, springen, um wieder zum Kind zu werden. Dass wir uns so weit vom Spiel entfernt haben, sieht der Autor in unserer gesellschaftlichen Entwicklung begründet, im Streben nach materieller Sicherheit, der Computerisierung und der Exklusivität der heutigen Spielzeuge. Wenn die Zeit des Spielens vorbei ist, also die Kindheit, beginnt der Ernst des Lebens. Aber wer als Kind gespielt hat, kann sich den Spieltrieb erhalten. Auch Lernen und Arbeiten kann spielerisch geschehen. Denn im Spiel zeigt sich die Welt. Vinzens erinnert sich ausgiebig an seine eigene Kindheit, an seine Spiele, an seine Phantasiewelten, in die er als Kind eintauchte. Und er hinterfragt den Wert der sogenannten Erlebnispädagogik, des Wettkampfsportes oder den eines Parcours der Sinne. Die Voraussetzung für das Spiel ist Absichtslosigkeit.
Was aber hat die Forelle, die vom Hecht verspeist wird, mit Spiel zu tun? Warum wettert er über Urlaub, Auto, Sport und den Wunsch nach materieller Sicherheit und schert damit alles über einen Kamm? Geht ihm mit seinem erhobenen Zeigefinger da nicht der Gaul durch? Lassen wir ihn galoppieren. Vielleicht ist auch das nur ein Spiel.
Dieses Buch ist kein Ratgeber und keine Anleitung. Es wirft Fragen auf, ohne gleich Antworten parat zu haben. Es lädt zum Nachdenken ein. Es zeigt, was Spiel nicht ist und was Spiel sein kann.
Albert Vinzens: Spiel-Zeuge, Broschur mit Klappe, 160 S., EUR 22,80, AT-Verlag, Aarau 2015